Interview mit Jan-Philipp Cleusters, einer der jüngsten Köche Deutschlands. Portraitfoto
Essen, Leben

“Petersilie wurde für Gras gehalten” – Jungkoch Jan-Philipp Cleuster im Interview

Sabine Sikorski
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Er kauft regional, hasst Einkaufslisten und kocht am liebsten ohne Mengenangaben. Einkaufen bezeichnet er als Inspiration. Steffen Hensler hat eines seiner Gerichte als “sternetauglich” bezeichnet. TV-Koch, Unternehmer, Kochbuchautor – und gerade mal 23 Jahre alt. Das ist Jan-Philipp Cleusters. Auf der diesjährigen eat&STYLE war er als Show-Koch dabei und mit einem eigenen Stand vertreten. Also habe ich ihn mir einfach geschnappt und ein bisschen ausgefragt.

Als Erstes erzählt mir der gebürtige Münsteraner von seiner neuen Produktlinie, den nutryseries Tiefkühlgerichten. Hergestellt aus frisch verarbeiteten, regionalen Lebensmitteln, die nach der Herstellung schockgefrostet und innerhalb von 24 Stunden an den Empfänger ausgeliefert werden. Aufwärmen, genießen, satt. Zielgruppe sind 18 bis 40jährige, denn laut Cleusters sind das diejenigen, die Bioprodukte kaufen und auf Qualität und Regionalität achten. Dabei kosten die Gerichte gerade mal 2,90 bis 4,90 Euro, haben unter 500 kcal, sind gesund und vor allem schnell aufgewärmt. Zudem noch lecker, wovon ich mich selbst bei einer Probeportion überzeuge.

Ich wollte aber noch mehr von ihm wissen:

MUCBOOK: Wie bringt man Kochmuffel an den Herd?

Jan-Philipp: Schwierige Frage. Es ist eine Einstellungssache. Kochen kann jeder, man muss es wollen und sich trauen. Sich auch trauen, Fehler zu machen, aus diesen zu lernen. Aber auch aus den Fehlern der anderen zu lernen. Es gibt doch nichts Schöneres, als mit Freunden zu kochen. Da sind dann – meiner Erfahrung nach – auch die Kochmuffel ganz vorne mit dabei.

Für alle Kochmuffel und für alle jungen Leute bringt Jan-Philipp 2016 gleich drei Kochbücher heraus, das erste im Frühjahr. Er bezeichnet es als das jüngste Kochbuch aller Zeiten und will damit vor allem junge Menschen ansprechen, die gut und gesund kochen wollen, die Rezepte aber trotzdem einfach sind. Deshalb verzichtet er auch auf Grammangaben und arbeitet stattdessen mit Tassenangaben für flüssige Zutaten und mit Handvoll für feste. Damit will er allen die Angst vor dem Kochen nehmen. Seine Rezepte veröffentlicht er aber auch im Internet. Transparenz ist ihm wichtig.

Junge Menschen sind übrigens U50 für ihn – sehr sympathisch, wie ich finde.

Wenn man heute Koch wird, ist man in zehn Jahren reich, hat ein bekannter Gastronom aus München gesagt. Stimmst du ihm zu?

Jan-Philipp: Du kannst als Koch reich werden, es kommt immer auf den Willen an. Du kannst in jedem Beruf reich werden. Es ist die Motivation, die dahinter steckt. Ich selber gebe immer Vollgas, immer 100 Prozent, habe das auch immer gemacht und liefere auch immer ab. Das ist sehr wichtig. Deshalb kann ich mit hochwertigen Partnern im Premium-Segment zusammenarbeiten. Es ist immer ein Geben und Nehmen.

Worin besteht dein Geben?

Jan-Philipp: Ich engagiere mich sozial, habe ein eigenes Spendenprojekt namens “Jan macht sexy”. Es ist mir wichtig, von meinem Erfolg auch etwas abzugeben. Nur so ist es nachhaltig. Mein Schlüsselmoment war, als ich im Rahmen des Projekts “Gesundes Pausenbrot” an einer Kölner Schule war. Da hatte ich zehn bis zwölfjährige Kinder, mit denen wir gesunde Pausenbrote schmieren sollten. Eines dieser Kinder hat mich dann gefragt, was “das” jetzt sei. Damit war ein Frühstücksei gemeint! Das hat mich erstmal völlig überfordert. Kinderarmut ist das Schlimmste, was wir hier in Deutschland haben.
Dieses Jahr gibt es beispielsweise noch eine Weihnachtsaktion, auch in München. Wir backen mit Kindern an verschiedenen Schulen Plätzchen. Theorie allein reicht nicht. Kinder müssen selbst Hand anlegen, dann lernen sie es auch. Bei den Pausenbroten kannten viele nicht mal Tomaten. Petersilie und andere Kräuter haben sie für Gras von der Wiese gehalten, etwas, das man nicht essen kann. Hier setzen wir an und vermitteln Wissen und erklären, was gesunde Ernährung bedeutet.

Man merkt, dass Jan-Philipp gesunde Ernährung wirklich am Herzen liegt. Ich muss schmunzeln bei seinen Erzählungen und erwähne ein Erlebnis mit einer ehemaligen Mitbewohnerin aus Kanada, die Petersilie für reine Deko auf dem Teller hielt, und erstaunt war, wie gut sie schmeckt. Dann folgen schnelle Fragen-Quickies, denn Jan hat gleich schon wieder einen Workshop:

Wo geht der Food-Trend hin?

Jan-Philipp: Heute geht es um easy cooking: Wie kann ich innerhalb kürzester Zeit gut, günstig, schnell und lecker kochen, gleichzeitig aber auch gesund und hochwertig? Das wird immer mehr werden, das ist der Trend für die kommenden Jahre.

Gastronomie und speziell Koch – würdest du den Beruf empfehlen?

Jan-Philipp: Ja, auf jeden Fall. Es gibt einfach keinen kreativeren Beruf. Ich würde immer wieder Koch werden.

Muss man sich als Koch heute so stark vermarkten, wie du es tust, um erfolgreich zu sein?

Jan-Philipp: Es geht schon darum, sich als Marke zu positionieren. Man muss eine Nische finden. Ich bin zum Beispiel 100 Prozent ‘natural’ und habe meine Nische gefunden, indem ich vor allem junge Leute anspreche. Die einen machen viel, die anderen besonders viel.

Wo holst du deine Inspiration her?

Jan-Philipp: Meine Inspiration hole ich mir von Reisen und aus Kundengesprächen. Daraus entstehen immer neue Ideen.

Dein kulinarisches Highlight in München?

Jan-Philipp: Haxn! Ich liebe Haxn! Wenn ich hier bin, gehe ich immer zum Haxnbauer.

 


Merci für das Gespräch, Jan!

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