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Wanda in der Muffathalle: Genauso scheiße wie früher!

Gesa Temmen

Immer wieder und wieder rufen sie es. Die Muffathalle ist sich einig: „Äins, Zwoa, Dräi, Via – Es ist so schön bei dir!“ Dass der Versuch einer wienerischen Eins dabei vor allem bei den Männern eher wie ein bayrisches O’zapft „Oans“ klingt, stört nicht mal die Band. Denn die Band, so sagt sie, ist heute in ihrer Lieblingsstadt. In ihrer Lieblingshalle. Und genau davor habe ich Angst.

Es ist mein erstes Mal auf einem Wanda-Konzert. Viel zu spät, für einen so großen Fan wie mich, wenngleich ich das Wort „Fan“ vermeiden möchte. Textsicher und begeistert könnte man es nennen. Ich habe also Angst. Angst davor, von dem Konzert einer Band enttäuscht zu werden. Zu oft habe ich in München schon traurige Gesichter leblos am Bühnenrand stehen sehen, denen noch traurigere Künstler zurufen mussten, dass sie ruhig zur Musik tanzen dürfen. Was, wenn bei Wanda keiner tanzt? Ich will mir meine Lieblingsmusik nicht von schlechten Konzerten verderben lassen.

Die Sorge weht aber schnell dahin. Keine zwei Takte braucht es und die Muffathalle bebt. „Luzia“ wird von Wanda so rasend ins Publikum geschmissen, dass keine Leibesseele mehr stillstehen kann. Die Mitte ist mir nicht mehr genug und so kämpfe ich mich nach vorne durch: dahin, wo man den Schweiß der Band schon riechen kann. Der Kessel brodelt!

22099678841_a20e02d762_k„Auseinandergehen ist schwer“, „Jelinek“, „Stehengelassene Weinflaschen“ – es folgt viel Amore vom ersten Album zum Mitsingen und „danzen“, aber dann braucht Michael Marco erstmal Schnaps. Den bekommt er von einer Babsi aus dem Publikum gereicht. Weil man auf einem Bein aber so schlecht stehen kann, lässt sich der Frontmann flott nach hinten an die Bar stage diven und trinkt dort mit den Fans.

Jetzt will die Halle aber nicht mehr warten und auch ich stimme mit ein: „Äins, Zwoa, Dräi, Via – Es ist so schön bei dir!“ Willkommen in einer Endlosschleife. „Ihr seid nicht heiser, oder?“, fragt Wanda ein bisschen fassungslos, aber auch gerührt vor lauter Durchhaltevermögen der Münchner. Nein, sind wir nicht. Wir wollen dieses eine Lied!

Am Ende wirken Publikum und Band orgasmiös erleichtert. Auch wenn wohl keiner außer mir je am Erfolg des Konzerts gezweifelt hatte, wirken am Ende alle ein bisschen erschöpft und erstaunt, wie fantastisch es doch wirklich war. Die Band hat leuchtende Augen und ein debiles Grinsen auf dem Gesicht, das nicht mehr die Bühne verlassen mag. Befriedigt prostet Wanda uns also zu: „Niemand kann uns vorwerfen, wir hätten die Intimität eines kleinen Clubs verloren. Wir sind genauso scheiße und ihr seid genauso geil!!“

Als dann auch noch ein Mädchen auf die Bühne springt, Michael Marco umarmt und …äh küsst (?!), bleiben daran absolut keine Zweifel offen. Zum Abschluss gibt es noch mal „Luzia“ und die Muffathalle packt den Rock ‘n’ Roll aus. Keine Gliedmaßen stehen mehr still. Kein T-Shirt ist mehr trocken!

Fotokredits: (1) Gesa Temmen (2) Flickr/pit pony

 

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