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Meine Halte – Folge 5: Pinakotheken/Brandhorst

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Meine Haltestelle

So ziemlich jeder Münchner hat eine und verbringt dort mehr Zeit als ihm lieb ist. Haltestellen sind seltsame Zwischenorte. Wir sind eigentlich nur dort, weil wir woanders hin wollen. Auf dem Heimweg zählen wir den Countdown bis zu unserer Haltestelle. Wir holen dort sehnsüchtig erwarteten Besuch ab. Viel öfter als wir es zugeben wollen, haben wir kurz vor Ladenschluss beim Haltestellenkiosk, -bäcker, imbiss "eingekauft". Regelmäßig sprinten wir ihr entgegen, damit wir doch noch die Bahn, Tram oder den Bus erwischen, der uns zu unserem eigentlichen Ziel bringt. Höchste Zeit, dass wir uns unsere Haltestellen ein bisschen genauer anschauen und deshalb stellen wir euch künftig jede Woche eine Haltestelle des MUCBOOK-Teams vor.

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Wer bei den Pinakotheken wohnt, hat es geschafft. Du wohnst in der Maxvorstadt, eines der most-wanted Viertel Münchens. Natürlich ist für dich als Anwohner eine Haltestelle völlig überflüssig, du fährst ohnehin Porsche oder lässt fahren. Wenn du etwas hipper bist, dann besitzt du wahrscheinlich ein cooles Rennrad.

Nicht so ich. Meine Entscheidung, beruflich auf meine Kreativität zu setzen, hat mich bisher noch nicht reich gemacht. Und so stehe ich oft als einziger Bewohner mit etlichen asiatischen Touristen an der Haltestelle „Pinakotheken“. Genauer „Brandhorst/Pinakotheken“, denn diese Station ist in drei Haltestellen geteilt, die ein Dreieck um die Pinakothek der Moderne aufspannen.

Jedes Mal, wenn ich wieder einem japanischen Touristen mit fettem Kameraobjektiv auf der Spiegelreflex das komplizierte MVG Tarifsystem erkläre, ärgere ich mich.

An einem DER Touristenhotspots der Stadt tat man den fremdsprachigen Besuchern wirklich keinen Gefallen, als man drei Stationen den gleichen Namen gab, die jeweils rund 5 Minuten Fussmarsch auseinanderliegen.

Dann kommt der Sommer und ich fall wieder vom Glauben ab. An der Ecke Theresienstraße/Türkenstraße befindet sich die berühmte Eisdiele Ballabeni. Wenn es so richtig warm wird, rastet die ganze Stadt aus und stellt sich mit guter Laune gerne mal eine halbe Stunde für eine leckere Kugel Eis an. Ich stehe dann immer daneben und verachte diese Menschen. Schlange stehen ist mir zuwider. Das ist mir irgendwie zu mainstream. Ich habe dann immer diese Bilder im Kopf, von Menschen, die vor Apple Stores campen und sich dann super fühlen, wenn sie dann endlich ein teures Elektronikprodukt in den Händen halten.

Ein paar Schritte weiter ist dieser Sushi Laden. Er ist so ungefähr 3-4 Quadratmeter groß und wenn es dann Mittag ist, fallen dort die TU Studenten ein, als gäbe es ECTS Punkte für umsonst. Die hasse ich noch mehr. Erstens, weil ich anstehen hasse und Menschen die anstehen (siehe oben) und zweitens, weil ich Sushi hasse. Versteht mich nicht falsch, ich liebe Fisch, Reis ist auch okay, aber diese abartigen Algen, in die das immer eingewickelt wird, bah, pfui! Habt ihr euch mal angeschaut, wie die hergestellt werden?! Sojasoße ist auch ekelig und dann die Preise für die paar Roh-Fischrollen mit Reis….

Das beste an meiner Halte ist der 100er Bus. Er bringt mich direkt an den Hauptbahnhof und fährt dabei noch schön am Königsplatz vorbei. Er ist schnell und nicht so voll, wie beispielsweise der garstige 154er. Der 100er Bus ist die beste Möglichkeit, um schnell den „Transitpoint for regional and national destinations“ zu erreichen.

Meine Halte ist eigentlich ganz in Ordnung, weil die restlichen Maxvorstädter sie irgendwie nicht wirklich nutzen. Und ich bin dann der einzige, der den armen Touristen weiterhelfen kann. Das mache ich gerne. Ich mag Touristen. Die stellen sich meist nicht wie die ganzen Hobby-Prenzlberg-Pfosten irgendwo an, wo es hippes Eis oder noch hippere Sushi-Rollen gibt. Wer eine Städtereise macht, hat meist wenig Zeit.

Vielleicht werde ich bald Fremdenführer. So richtig professionell. Dann würde ich mit meiner Reisegruppe aus dem Brandhorst kommen, auf die andere Straße zeigen, wo wieder 500 Leute auf teures Speiseeis warten und sagen: „Do you see these guys? They are the main reason for gentrification in Munich. If there’s anything to hype until it’s like Oktoberfest, they’ll be there within seconds.“

Und dann würde ich mit ihnen zu meiner Eisdiele gehen. Sie wird nicht von einem Verrückten mit Hut oder von hochnäsigen Gelato-Künstlern betrieben, sondern von waschechten italienischen Mamis, die dich herzlich auslachen, wenn du „Stracciatella“ nicht richtig aussprechen kannst.

Text und Beitragsbild: Jan Rauschning-Vits