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#offsecrets – Tweet-Up im Münchner Stadtmuseum

Münchner Stadtmuseum

von Katrin Schultze-Naumburg

Den Blick nach oben gerichtet, vor dem Gesicht eine Maske, das Gegenüber eine Überwachungskamera. Eine befremdliche Szenerie, der Betrachter fühlt sich irritiert. Aber nicht die Kamera stört, sondern die Maske. Was hat der Mann zu verbergen? Hat er überhaupt etwas zu verbergen? „no secrets! – Bilder der Überwachung“ heißt die aktuelle Ausstellung des Münchner Stadtmuseums. Doch geht es in der Ausstellung nicht nur um die allgegenwärtige Überwachung von oben, sondern auch um das Thema der digitalen Selbstüberwachung. Passend dazu fand letzte Woche unter dem Hashtag #offsecrets ein Tweet-Up im Münchner Stadtmuseum statt. Zeitgleich warf eine kleine Gruppe einen Blick in die Ausstellung „No Secrets! – Reiz und Gefahr digitaler Selbstüberwachung“ der ERES-Stiftung.

Von der staatlichen zur digitalen Kontrolle

Die Ausstellung erzählt anhand von Objekten aus dem Archiv des Münchner Stadtmuseums die historische Entwicklung der Überwachungsgesellschaft. Die Einführung der Straßenlaterne, die das nächtliche Geschehen sicht- und kontrollierbar machte, war da nur der Anfang. Ob kriminalistische Porträtaufnahmen, Fingerabdrücke, Volkszählungen – staatliche Kontrolle findet man überall. Doch bringt mehr Überwachung auch mehr Sicherheit? Diese Frage stellte man sich schon vor Jahrzehnten und ist heute aktueller denn je.

Noch einen Schritt weiter geht es in einem zweiten Teil der Ausstellung. Neun Künstler beschäftigen sich in ihren Werken mit den Auswirkungen der digitalen (Selbst)überwachung und fanden sehr unterschiedliche Ansätze. So ließ beispielsweise der Künstler Philipp Messner von einem 3D-Drucker Masken nach  der Vorlage seines eigenen Passfotos produzieren und konfrontierte Überwachungssysteme im öffentlichen Raum mit seinem “zweiten Gesicht”.

Die Künstlerin Gretta Louw hingegen führt in ihren digitalen Collagen von surreal anmutenden Welten das “Cloud Computing” ad absurdum. Eines wird aber beim Betrachten aller Kunstwerke klar: Die Metamorphose zur Kontrollgesellschaft ist vollzogen. Staatliche Überwachung erscheint auf einmal nicht mehr allein das große Übel zu sein. Wir kontrollieren uns selbst von innen heraus, geben unsere Daten bereitwillig preis, immer und überall.

#offsecrets

Beinahe ironisch erscheint es da, dass sich letzte Woche eine Gruppe von Besuchern zum Tweet-Up im Münchner Stadtmuseum traf. Bei einem Rundgang durch die Ausstellungsräume mit dem Kurator und einigen Künstlern wurde unter dem Hashtag #offsecrets fleißig getwittert und sich digital vernetzt. Was auf den ersten Blick im Hinblick auf das Ausstellungsthema widersprüchlich erscheinen mag, zeigt aber viel eher noch eine andere Seite auf: Während des Rundgangs teilten alle ihre spontanen Eingebungen digital mit, wodurch ein Austausch parallel zur fortlaufenden Führung entstehen konnte.

Die Interaktion von Smartphones und Kunstwerken führte außerdem zu interessanten Einfällen – wie zum Beispiel ein Selfie mit dem “zweiten Gesicht” von Philipp Messner. Am Ende blieb aber auch die kritische Selbstreflexion während der Veranstaltung nicht aus. So stand immer wieder die Frage nach der gegenseitigen Beobachtung im Raum, sowohl des digitalen als auch des echten Gegenübers.

Die Beiträge von letztem Mittwoch könnt ihr euch hier anschauen:

 

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 Beitragsbild: Laura Geissler via Twitter


Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erscheint im tagebook, einer Kategorie, die unsere Partner nutzen können, um neue Ideen und Inspirationen in Blog-Beiträgen vorzustellen.

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