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Die Deutsche Bahn und die Digitalisierung: Lieber Zeitung als Flugtaxis

Die Deutsche Bahn hat letztes Jahr mit einem ziemlich gelungenen Spot auf sich aufmerksam gemacht. Der Titel: „Die Zukunft der Mobilität.“ In dem kurzen Film wird dargestellt, wie das autonome Fahren die Zukunft verändern wird: „Im selbstfahrenden Auto werden wir die Freiheit haben, endlich das zu tun, was uns wichtig ist.“ Also meditieren, schlafen, Filme schauen, Tee trinken usw. Bis es soweit ist, dauert es natürlich noch ein wenig. Und genau das ist der Clou. All diese Dinge kann man nämlich heute schon in der Bahn erleben. 

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„Warten Sie nicht auf die Zukunft. Fahren Sie Bahn.“

Im verbleibenden Spot sind ein paar glückliche Bahnfahrer zu sehen: ein konzentriert dreinschauender Mensch vor seinem Tablet, lachende Kinderlein, ein Pärchen, das schmusend einen Film schaut. Moment? Schmusend einen Film schauen? Geht das? „Klar, wenn der Herr mal weniger anspruchsvoll wäre“ würde meine Mama jetzt sagen. Aber nicht das Schmusen hat mich stutzen lassen, sondern das Film schauen. Als ich letzte Woche mit der Bahn unterwegs war, wollte ich auch einen Film schauen. Daraus wurde aber nichts, weil die Internetgeschwindigkeit einfach nicht ausreichend war.

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Seit letztem Jahr gibt es in allen ICE-Zügen kostenloses WLAN. Das ist an sich natürlich erfreulich. Beim Übertragungstempo kann allerdings noch nachgebessert werden. Je mehr Fahrgäste auf das zuginterne WLAN zugreifen, desto geringer ist die Geschwindigkeit für den einzelnen Nutzer. Für den Internetzugang nutzt die Bahn die verfügbaren Mobilfunknetze. Die sind streckenweise so schlecht ausgebaut, dass die Internetverbindung immer wieder komplett ausfällt.

Bestnoten für die Schweiz

Dass das nicht so sein muss, zeigt die Schweiz. Eine aktuelle Studie der Fachzeitschrift „Connect“ hat ergeben, dass dort das Telefonieren zu 96 Prozent klappt, beim Datenempfang erreichen die Schweizer 87 Prozent der möglichen Punkte. Hier in Deutschland müssen wir uns mit jeweils 49  Prozent und 40 Prozent begnügen. 

Als wären ein perfekt ausgebautes Bahnnetz, pünktliche Züge und schnelles Internet nicht bereits genug, wird es in einigen Zügen der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) demnächst ein weiteres Angebot geben: Magazine und Zeitungen und das völlig kostenfrei. Möglich gemacht wird das von dem Münchner Startup Bohème. Sie haben eine App entwickelt, die es den Nutzern erlaubt, an ausgewählten Orten auf einen „digitalen Zeitungskiosk“ zuzugreifen. 

Ein digitales Kaffeehaus

Die App basiert auf der Technologie von Location-based Services und funktioniert mithilfe sogenannter „Beacons“, also kleinen Bluetooth-Sendern. Befindet man sich in der Nähe eines solchen Beacons, kann man mit seinen Smartphone oder Tablet über die Bohème App auf namenhafte Publikationen zugreifen.

In vielen Cafés und Restaurants der Stadt ist das bereits möglich. Zu lesen gibt es verschiedene Tageszeitungen wie den Münchner Merkur oder die Süddeutsche Zeitung sowie zahlreiche Magazine, u.a. die Neon, das Geo Magazin und sogar das MUCBOOK Magazin. Bezahlt wird dieser Service von den Location-Partnern, in diesem Fall von der SBB.

Zurücklehnen und Zeitung lesen

So ein Angebot steigert die Neid auf den Nachbarn und man fragt sich: Wäre so etwas nicht auch bei uns möglich? Die Antwort auf diese Frage lautet, dass es nicht nur möglich wäre, auf einem Teilabschnitt des deutschen Bahnnetzes wird es sogar schon gemacht. Der Geschäftsleiter der Südostbayernbahn (SOB) war von der Idee so begeistert, dass er kurzerhand beschloß, die 1. Klasse-Abteile seiner Züge mit den Beacons von Bohème auszustatten. 

Ein Anfang

Das sind aufregende Neuigkeiten für die 1. Klasse-Reisenden der SOB. Persönlich bin ich aber eher so der 2. Klasse-Typ und wenn es mit der Deutschen Bahn wohin geht, dann Richtung Norden oder vom Hauptbahnhof zum Rosenheimer Platz. Theoretisch stünde aber auch einer Aufrüstung der Münchner S-Bahnen nichts im Wege, ein Projekt, das perfekt zu den Ambitionen von unserer Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär, passen dürfte.

Wenn dann das Flugtaxi schon weg ist und die S-Bahn wegen einer „Signalstörung“ nicht weiterfährt, könnten wir uns ganz entspannt im Sitz zurücklehnen und ein bisschen in der Zeitung „blättern“.

Und zum Schluss noch ein Gruß von unserem Freund Shahak Shapira:

Beitragsbild: © Fleeting Times by YJ

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