Kultur, Live

A Fine Frenzy: Kein Seelenkitsch, bitte!

Sebastian Gierke
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Alison Sudol alias A Frine Frenzy hat eine besonders unbesondere Stimme. Heute bringt sie ihre Ermutigungsmelancholie mit nach München. Die Hoffnung: Dass das Konzert besser wird, als das letzte. 

Kein Flüstern, kein Hauchen, kein Jammern, kein Wimmern, kein Kreischen. Nichts von dem, was oft als individuell, als hervorragend gilt. Nichts von dem, was andere Sängerinnen forcieren, um als individuell wahrgenommen zu werden, ist bei Alison Sudol alias A Fine Frenzy zu hören. Und weil die Stimme nicht besonders ist, ist sie besonders. Sudol hat eine klassisch-schöne Popstimme, klar und kräftig. Sie singt, meist am Piano sitzend, Balladen, schwärmerisch, schwül, schwebend, ausladende Arrangements voller Ermutigungsmelancholie.

Vor eineinhalb Jahren hat sie damit in München etwas enttäuscht. Dabei spricht kaum etwas gegen diese junge Sängerin und doch, je länger das Konzert damals dauerte, desto stärker wurden die Zweifel, die Teilnahmslosigkeit.

Die sanften Klänge umspülten einen, nahen aber nicht gefangen. Es blieb Sympathie, nicht mehr. Sympathie, weil Sudol sich so nett gibt. Ein bisschen naiv, fahrig. Als ob sie in jedem Moment leise darüber erstaunt gewesen wäre, dass es sie unwahrscheinlicherweise gibt, hier, auf einer großen Bühne, dass sie bejubelt und bewundert wird.

Durch so wenig Eitelkeit und Arroganz, ungewöhnlich in der Popwelt, hat sie das Publikum für sich gewonnen. Doch das konnte nur kurz darüber hinwegtäuschen, dass Sudol in keiner Sekunde etwas riskierte. Die gefühligen Lieder plätscherten vorüber: Seelenkitsch. Denn wenn man alles aussperrt, was nicht sein soll, nicht sein darf, dann kommt Kitsch heraus, Gefühl ohne jede Konsequenz.

A Fine Frenzy, das bedeutet eigentlich: schöner Wahnsinn. Vom Wahnsinn war leider nichts zu spüren. Vielleicht ja diesmal.


A Fine Frenzy

18. Mai, 20 Uhr, im Backstage, Wilhelm-Hale-Straße 38

Foto:  © EMI / Tarin Anderson

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