Kultur, Nach(t)kritik

Benjamin Biolay

Annette Walter
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BenjaminBiolay

Benjamin Biolay verführt in der Muffathalle in München ohne sein liebstes Accessoire und aufgeräumter als einst Gainsbourg.

Biolay war der Schwiegersohn von Catherine Deneuve, wird in Frankreich als musikalischer Sohn Serge Gainsbourgs verehrt und machte Platten mit Carla Bruni und Vanessa Paradis. Mehr Namedropping in der kulturellen Hautevolee Frankreich? Impossible!

Doch gegen den Krawallmacher Gainsbourg wirkt Biolay bei seinem Konzert am Montagabend in der Muffathalle wie ein Klosterschüler: Der 40-jährige Franzose, dessen Augenlider immer so tief hängen, als würden sie jeden Moment zuklappen und der zeigt, dass die Frisur, die Bowies Thin White Duke trug, auch in lang geil aussieht, steht pünktlich auf der Bühne und trägt statt dekadentem Anzug, den man erwartet hätte, eine merkwürdig sportive schwarze Jeansjacke-Hose-Kombination. Ohne Zigarette zwischen den Fingern, sonst sein liebster Begleiter, und Rotweinglas in Reichweite beweist der französische Bruder von Benicio del Toro dann, dass man als französischer Sänger auch aus einer Vertonung des Telefonbuchs eine erotische Affäre machen könnte, so verführerisch wirkt sein Gesang.

Biolay ist ein fantastischer Songwriter mit einer großartigen Bühnenpräsenz, was den Vergleich mit Gainsbourg durchaus angebracht erscheinen lässt. Zudem ist Biolay ein raffinierter Jongleur popkultureller Referenzen, die er charmant in seine Songs zwischen balladeskem Pop, Breitwand-Chanson, Noir-Désir-Rock und Nuancen von HipHop und Elektro einbaut, den “River of no return” von  Marilyn Monroe, den Schriftsteller Romain Gary in einem seiner schönsten Lieder “Les Cerfs-volants” oder den “Himmel, wie beschissen geht es mir “-Weltschmerz eines Morrisseys. Doch während Morrissey der Welt den Rücken kehrt, öffnet der Romantiker Biolay nach Anbruch der Nacht an der Seite einer Frau, die aussieht wie Françoise Hardy oder Charlotte Gainsbourg, eine Flasche Rotwein und gibt sich dem schönen Leben hin.

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