Kultur, Was machen wir heute?

Der Herr im Haus

Philipp Bovermann
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The medium is the message. Das gilt auch, und ganz besonders, insofern man selbst Medium ist; nur für was? Der Künstler Boris Maximowitz hat als Rauminstallation ein Modell gebaut, für nichts Geringeres als die menschliche Existenz. „Was es zu sagen gilt“ konfrontiert den Rezipienten mit eben der Unmöglichkeit, sich dem eigenen Dasein gegenüber als unbeteiligter Rezipient zu verschanzen – und objektiviert damit die 1. Person Singular.

Ob du am Ende zu sprechen beginnst, liegt an dir selbst. Die Möglichkeit jedenfalls besteht – zu sagen, was es zu sagen gilt, falls es etwas zu sagen gilt. Man betritt die Installation als Fremder und steht einem Unbekannten gegenüber, sich selbst nämlich, allein in einem völlig nackten, unbeschriebenen Raum, der gewissermaßen nur aus der Erwartung besteht, die man ihm entgegen bringt. Er ist die räumliche Konfiguration des Zwangs sich in jedem Augenblick zu entwerfen, zu sein wer und was auch immer man will und ob man will oder nicht.

Das Spiel, das wir mit uns selbst und Anderen spielen, wird hier spielerisch dargestellt und insofern als solches erkennbar, wenn das drohende Weiß der Wände auch ahnen lässt, dass es ein sehr, sehr ernstes Spiel ist; zugleich Segen und Fluch der schwindelerregenden Freiheit, die wir uns selbst gegenüber haben, das wesentlich Unbestimmte des menschlichen Daseins. Jean Paul Sartres Philosophie steht hinter dem Konzept; Boris Maximowitz nimmt ihn wörtlich. Er lässt den Besucher mit sich allein und eröffnet einen Möglichkeitsraum, in Form eines Mikrofons, das jenen Raum, als Mikrokosmos des Selbst, „in Schwingung versetzt“, wie er in einem Exposé schreibt – „falls der Besucher anfängt zu sprechen“, wobei die Betonung auf dem „falls“ liegt, denn selbstverständlich gelten keinerlei fixe Regeln und alles ist bloße Option, wo man Gesetz, Richter und Verhörter zugleich ist. Was das Kunstwerk mit dem Besucher macht, bestimmt sich hier ausschließlich dadurch, was der Besucher mit dem Kunstwerk macht. Wird er dessen Hausforderung annehmen? Hat er denn eine Wahl, letztlich, oder müsste man vielmehr sagen: die Wahl hat ihn?

„Was es zu sagen gilt“ kann vom 18. bis 22. Februar gesagt werden, im Koloss-Saal der Akademie der Bildenden Künste. Als Rahmenprogramm wird Leon Schwarzenberg am 19. eine „pathetische Lesung in Szenen, Essays und Beats“ halten. Tags darauf kann man sich mit Fla$hbingo am improvisierten „digitalen Lagerfeuer“ wärmen. Am Donnerstag findet ein Forumtheater-Projekt zur Aktualität des „Theaters der Unterdrückten“ statt. Das Rahmenprojekt der Installation schließt am Freitag mit einem Künstlergespräch. Mit Ausnahme des digitalen Lagerfeuers, das ab 20.30 Uhr zündet, beginnen alle Programmpunkte um 19.30 Uhr. Die Installation kann täglich von 13 bis 18 Uhr besichtigt werden.

Mehr Infos hier.

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