Leben, Stadt

Der Super-String durch das globale Gehirn

Franz Wanner
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„Das Fahrrad ist – global betrachtet – das Verkehrsmittel der Zukunft“, sagt Bicycle Repair Man in einem seltenen Interview. Gefährden könnte die gute Aussicht des Fahrrads nur die Quanten-Teleportation der Super-Stringtheorie.

Der Münchner Nahverkehr bietet diese Methode des Ortswechsels nicht an. Trotzdem ist München zukunftsweisend, denn man ist „Radlhauptstadt“. Eine Kampagne zu starten und sich selbst diesen Titel zu verleihen steht nicht für Quantensprünge, sondern für Provinzfolklore. München liegt nicht an der Spitze, sondern weit hinter Impuls gebenden Städten wie Amsterdam und Kopenhagen. Nach dem gegenwärtigen Copenhagenize Index of Bicycle Friendly Cities schafft es München –  anders als Utrecht, Strasbourg, Eindhoven, Malmö, Nantes, Bordeaux, Antwerpen, Sevilla, Barcelona, Berlin, Ljubljana, Buenos Aires, Dublin, Wien, Paris, Minneapolis, Hamburg und Montréal – nicht unter die 20 Städte mit der höchst entwickelten Fahrradpraxis.

Bicycle Repair Man hilft wo er kann, aber seine Geduld hat Grenzen, und nicht jeden Schaden kann er reparieren. Das propagierte Image auf der Ebene der Realität einzuholen ist eine Frage mentaler Umdrehung. In München lassen sich lokale Gegebenheiten und globale Notwendigkeiten auf prädestinierte Weise verbinden. Die Stadt ist klein, flach und sauber. Ihre Bewohner sind reich genug, um sich eine grundlegende Umstrukturierung für den Fahrradverkehr leisten zu können. Wirtschaftlich kurzgeschlossenen Argumentationsketten fällt es schwer, sich aus der alten Fahrspur der Automobilindustrie zu lösen. Ihr Anteil an der Produktion einer überspannten Atmosphäre ist wissenschaftlicher Konsens. Die Konvention des Mobilen wird zur Krücke des Morbiden – die automobile Monade läuft sich tot.

„Road to nowhere“, sang David Byrne mit den Talking Heads. Als alltäglicher Radfahrer steht er für eine zeitgenössische Praxis. „Sich mit dem Fahrrad durch eine Stadt zu bewegen ist wie das Navigieren durch die kollektiven Nervenbahnen eines riesigen globalen Gehirns“, schreibt er in seinen Bicycle Diaries. Man muss nicht die Super-Stringtheorie anwenden, um sich an den Vorzügen eines Gehirns zu beteiligen.

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