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“Die Dunkelheit der Tage”: Schicksalsverstrickungen im Pepper Theater

Caroline Giles

“Wenn es dunkel wird kann ich ihn sehen. Vincent. Ganz weit drüben auf der anderen Seite. Und ich stelle mir vor, wie sein Gesicht gerade aussehen mag. Er steht einfach so da. Regungslos. Nicht weit vom Fluss entfernt. Und blickt den Gleisen nach.”

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Elias (Konrad Wipp)

Was passiert, wenn die Dunkelheit übermächtig wird? Wenn sie aus der kalten Nacht herauskriecht und beginnt auch die Tage zu verschlingen? Wie kann man, wie soll man mit einem Schicksalsschlag umgehen, der das komplette Leben auf den Kopf stellt? Und: sind wir mit unserem Schicksal denn wirklich alleine?

Das bezaubernde Theaterstück “Die Dunkelheit der Tage” (unter der Regie von Marc Alexander Haas, basierend auf dessen gleichnamigen Roman) geht diesen Fragen noch bis zum 11.03. im Pepper Theater auf poetische und philosophische Art und Weise auf den Grund.

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Lara (Dominique Marquet)

Ein unbekannter Fluß – eine unbekannte Stadt

Wie eine dunkle Ader, eine eingravierte Lebenslinie fließt der unbekannte Fluß durch die Geschichten der einzelnen Figuren, verbindet die Bruchstücke, die Geschehnisse in dieser unbekannten Stadt. Er verbindet – aber er trennt auch, zieht klare Grenzen. “Wir” stehen hier, auf der dunklen Seite. “Die” dort drüben dagegen mitten im Leben. Trotzdem spendet der Fluß Trost, Geborgenheit, denn er scheint unendlich, zeitlos. Er war schon immer da.

Keine andere Figur des Stückes scheint mit diesem Fluß so sehr verbunden zu sein wie der liebenswerte Obdachlose Elias (brilliant portaitiert von Konrad Wipp), der seine Lager nun schon so lange neben ihm aufgeschlagen zu haben scheint, dass der Fluss “ihn nun gar nicht mehr sterben lässt”. Es ist Elias, der dem Publikum die zentrale Geschichte des Stückes erzählt: die Geschichte von Vincent (Benjamin Hirt).

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Vincent (Benjamin Hirt)

Schicksalsverstrickungen

Vincent: ein erfolgreicher Theater-Autor, gefeiert und beliebt. Doch mit einem Schlag wird er in einen tiefen Abgrund gestürzt – denn seine große Liebe wird ermordet. Seitdem zieht Vincent durch die Straßen der dunklen Stadt, treibt sich am düsteren Ufer des Flusses herum, versucht vor den Erinnerungen zu fliehen und sie gleichzeitig festzuhalten. Er verstrickt sich dabei immer weiter in seinen destruktiven Fantasien und droht an ihnen zu ersticken.

Doch es ist nicht nur Vincents düsteres Schicksal, welches in “Die Dunkelheit der Tage” beleuchtet wird. Da gibt es noch Greta (Iris Krause), die Barbesitzerin, die von Vincent vor langer Zeit einmal geliebt wurde, und nun versucht diese Liebe wieder neu zu entfachen. Lara (Dominique Marquet), Vincents ermordet Geliebte, die wie ein Echo ihrer selbst durch die Geschichte schwebt. Vincents ehemaligen besten Freund Eric (Florian Wimmer), der sich mit seiner Bekanntschaft Ellen (Vicky Dettmer) auf den Weg in den Süden macht – um der Dunkelheit endlich zu entkommen. Den Störenfried Tito (Tom von der Isar) und den obdachlosen Musiker Richard (ebenfalls Florian Wimmer). Und natürlich Elias selbst, der, so wie sein geliebter Fluß, die Erzählung zusammen zu halten scheint.

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Greta (Iris Krause)

Sie alle bewegen sich am Fluss entlang, begegnen sich, streifen sich, laufen ihren Lebensweg nebeneinander her. Letztendlich stellt sich jedoch die Frage, ob wir mit unserem Schicksal denn wirklich so alleine sind – oder ob wir nicht von der Angst, von falschem Stolz davon abgehalten werden die ausgestreckte Hand zu greifen, die uns aus der Dunkelheit wieder ans Licht bringt.

https://vimeo.com/206017375

Trailer: Nikita Gibalenko


In aller Kürze:

Wann: 09./10./11.03. (jeweils 20 Uhr)
Wo: Pepper Theater (Neuperlach Zentrum)
Wieviel: 15 Euro (ermäßigt 8 Euro)
Tickets


Beitragsbild/Fotos: © Jean-Marc Turmes

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