Kultur

Hermann Lenz – “Herbstlicht”

Piritta Kleiner
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München in Büchern: Die Autorin erliest sich München. Das MucBuch.

Als Eugen Rapp nach München kommt, wird alles gut.

Seine Frau, Hanne, wird nicht klar gezeichnet in dem Roman Herbstlicht, und doch spürt man, dass dieser Eugen Rapp ohne sie nicht wäre, was er ist.

Einerseits wirkt sie seltsam verwischt, andererseits verteilt sie Wahrheiten, die so klar sind, dass Hermann Lenz alias Eugen Rapp es vielleicht fröstelt bei Aussagen wie diesen: „Wenn du nicht nach München hingezogen wärest, hättest du nie den Büchner-Preis bekommen”.

Normalerweise hütet sich jeder Literaturwissenschaftler davor die Ich-Figur eines Buches als den Autor zu identifizieren. Doch Lenz (1913-1998) geht von dem Schreiben-Wie-man-ist-Konzept aus und machte keinen Hehl daraus, dass in seinem zehnbändigen Zyklus die Hauptfigur Eugen Rapp sein alter Ego ist. So kann man den Zyklus als Autobiographie sehen, was leicht dazu verleitet, alles in diesem Roman aufschlüsseln zu wollen.

herbstlich

Obelisk am Karolinenplatz: Foto: digital cat I

 

Eugen Rapp, der bereits in München studierte, kehrt aus seiner Heimat Stuttgart 1975 wieder in die bayerische Landeshauptstadt zurück, da ihn ein Erbstreit mit der Schwester aus dem elterlichen Haus verjagte.

Hier beginnt Hermann Lenz´ erster Münchenroman, der sich immer wieder an den Gegensätzen zu Stuttgart reibt. München erscheint anfangs „zu groß“, die Hauptfigur, ausgestattet mit dem typisch schwäbischen Namen Rapp, denkt immer wieder an sein Stuttgart, dort machte er Fahrradausflüge in der schönen, gutmütigen schwäbischen Landschaft. Einziger Ausgleich scheint hier der englische Garten zu sein, der ihn vor der Millionenstadt rettet.

Und trotzdem, nach und nach findet sich Eugen Rapp, er ist bereits in seinen Sechzigern, wieder ein in diese Stadt, in den Jahrmarkt der Eitelkeiten rund um das literarische Milieu in dem er sich bewegt. Lenz, dem erst sehr spät die Anerkennung als Autor zuteil wurde, wundert sich durch seine Figur Eugen Rapp über die Gepflogenheiten der Kreise, in denen er sich jetzt bewegt. Mit leiser Ironie beschreibt er die kleinen Intrigen und Absurditäten, die das literarische Leben Münchens umgeben.

Und doch zeichnet er ein mildes Licht über seine Münchenerfahrungen, hier wird er geschätzt, ganz im Gegensatz zu seiner Heimat Stuttgart, wo sein später Ruhm nur auf Unverständnis stieß.

Hermann Lenz schrieb keinen Roman über die Orte oder den Habitus der Stadt München. Er beschreibt, wie er sich in der Stadt als bereits älterer Herr sozialisiert, was ihm fehlt, aber auch was er schätzt und letztendlich dazu bewegt in dieser Stadt alt zu werden. Kein bisschen plakativ erzählt Hermann Lenz sein Leben in München, eigentlich ganz still beschreibt er sich auch über die anderen Menschen. Schön.

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