Kultur

“Malt ruhig weiter, aber verletzt Euch nicht dabei”

Tini Kigle
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kunst

Mit Arbeiten und Performances über das ‘Ende der Malerei’ beschäftigt sich die Ausstellung “I had dreamed the perfect painting. It held all the answers. This is it.” im Kunstpavillon im Botanischen Garten, die heute Abend eröffnet. StudentInnen der Akademie der Bildenden Künste in München fragen danach, wo die Malerei ist, wenn schon nicht mehr im Bild. The medium is the message.

Was ist eigentlich so cool daran, dauernd das ‘Ende’ von irgendwas auszurufen? Unzählige Leichen pflastern die Wege des 20. Jahrhunderts: Der Tod von Autor und Subjekt, das Ende der Erzählung, der Geschichte, der Kunst. Und das ist nur eine kleine Auswahl etlicher weiterer Totgesagter.

“Das Erzählen”, konstatiert zum Beispiel der französische Schriftsteller Alain Robbe-Grillet, “ist vollends unmöglich geworden”.

Auch die Malerei ist so ein Opfer des 20. Jahrhunderts: Die Nachahmung der Wirklichkeit hat sich die Fotografie unter den Nagel gerissen und für abstrakte Kunst gilt, dass verspielte Selbstreferentialität spätestens seit der Erfahrung der Shoa schlicht unmoralisch ist.

Da steht dann die Malerei traurig allein auf dem Pausenhof.

Trotzdem, es wurde und wird gemalt. Allein an der Akademie der Bildenden Künste in München ist der Großteil der Professuren mit MalerInnen besetzt, eine Professur für Performances zum Beispiel gibt es gar nicht.

Vielleicht wären das dramatische Fallenlassen des Vorhangs, das coole Konstatieren eines Endes noch gar nicht so schrecklich blöd. Die Form von Geschichten aber, die über Anfang – Höhepunkt – Ende funktioniert, ist es schon.

“I had dreamed the perfect painting. It held all the answers. This is it”, ist der Titel der Ausstellung, die heute, Donnerstagabend, im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten eröffnet. StudentInnen der Akademie der Bildenden Künste München zeigen darin vom 3.-27. Februar Arbeiten und Performances, die sich mit der “Suche nach der getöteten, wiederbelebten und trotzdem irgendwie gestorbenen Malerei” auseinandersetzen, wie es im Katalog zur Ausstellung heißt.

“The perfect painting”, ja, das wäre tatsächlich schön. Das wäre dann ganz wahr, dieses Gemälde, und sehr richtig und ganz absolut und pur und rein und total. Und dann wäre man endlich fertig. Fertig mit dem Zögern und Zweifeln und dem ewigen Hin und Her. Es wäre dann alles gesagt und man könnte sich erleichtert zurücklehnen, byebye Unsicherheiten, adieu Gewissensbisse.

Aber, blöd, saublöd, so einfach ist das nicht. Vom Perfektionismus hatten wir wahrlich genug im vergangenen Jahrhundert. Ein Erzählen in den geschlossen Strukturen von Anfang und Ende mit einer sinnvollen Botschaft am Ende, ein solches Erzählen gaukelt uns Perfektion vor und verdrängt alles, was ihm nicht in den Kram passt. An Unsicherheiten, an Sinnlosigkeiten, an Zweifeln, an Scheitern und Versagen. Es sollte endlich jemand das ‘Ende’ von solchen Geschichten ausrufen!

Gott bewahre uns vor dem perfekten Gemälde und wenn er schon dabei ist, möge er uns noch das Wort ‘Ende’ aus dem Wortschatz streichen. Dann kommt auch niemand mehr auf die Idee, vom ‘Ende der Malerei’ zu sprechen. Dort ist sie nämlich nicht. Ich weiß das. Spätestens seit meinem letzten Besuch in der Kunstakademie, an einem sonnigen Sonntagnachmittag, als sich da zwei gestandene Männer in ihrem Klassenzimmer in ihre schmuddeligen Jogginganzüge warfen, ihre gemeinsame Leinwand mit Wasser besprühten, die Pinsel zückten und stundenlang, friedlich, einträchtig … malten.
Also, um es mit Kippenberger zu sagen: “Malt ruhig weiter, aber verletzt Euch nicht dabei.”

“I HAD DREAMED THE PERFECT PAINTING. IT HELD ALL THE ANSWERS. THIS IS IT.
Ãœber die Malerei.”

Mit Arbeiten von Johannes Evers, Philipp Gufler, Thomas von Poschinger, Carmen Runge, Max Schmidtlein, Robin Thomas.

Hier die Facebook-Seite.

Vernissage: 03.02.2011, ab 19 Uhr
Dauer: 04.02. – 27.02.2011

Performancereihe
Beginn jeweils 20 Uhr
Freitag, 04.02.: Stefan Janitzky, Prominenz
Mittwoch, 09.02.: Heike Jobst und Angela Stiegler, The endless present piece
Freitag, 11.02.: Isabella Schiele, Botanische Behauptung
Mittwoch, 16.02.: Niko Burger, I’ve dreamed the perfect music
Freitag, 18.02.: Barbara Spiller, Fantasma will nicht sterben
Mittwoch, 23.02.: Marc Aurel, Der Stamm
Freitag, 25.02.: Tina Trümmer und Philipp Gufler, Kunst ist Samen aus Ritterkostum

Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten:
Alter Botanischer Garten am Stachus, Sophienstr. 7a, 80333 München

Öffnungszeiten: Di. – Sa. 13 – 19 Uhr, So. 11 – 17 Uhr

Foto: ‘Pride’ von Philipp Gufler, Foto: Philipp Gufler

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Video: Johannes Evers (auch gezeigt in der Ausstellung)

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