Kultur

Offener Brief gegen Sizzla

Adrian Renner
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Wieder Ärger um den jamaikanischen Reggae-Sänger Sizzla. Der Kreisjugendring München-Stadt protestiert mit einem offenen Brief gegen den Auftritt des Sängers beim Chiemsee-Reggae-Summer-Festival, ihm wird Hetze gegen Homosexuelle vorgeworfen.

Schon im Herbst gab es Ärger um einen Auftritt des Sängers im Backstage, ein Auftritt in Berlin war abgesagt worden, in München trat Sizzla dann auf. Nach seiner Verpflichtung für das Chiemsee Reggae-Summer scheint nun neuer Ärger vorprogrammiert. Der Kreisjugendring München-Stadt protestiert mit einem offenen Brief gegen den Auftritt, wieder wird dem Sänger einseitige Propagierung von Schwulenfeindlichkeit vorgeworfen. Den ganzen Brief im Wortlaut:


“Sehr geehrte Damen und Herren,

der Kreisjugendring München-Stadt hat von der Verpflichtung des Musikers
Sizzla für Ihr Festival erfahren und ist darüber entsetzt. Dieser Künstler ist bekannt
für seine homophobe Einstellung, zwei seiner Tonträger sind deswegen
indiziert.

Sie berufen sich auf Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit. Dies sind ohne Frage
hohe Güter unserer Demokratie. Für uns ist jedoch das Aufrufen zum Erschießen
und Verbrennen von Homosexuellen keine Meinung und keine
Kunst, sondern Volksverhetzung.

In seinen Verstößen gegen den Reggae Compassionate Act (RCA) und seiner
erneuten Distanzierung davon im Februar dieses Jahres (Interview mit „Sunday
Mail“) wird deutlich, dass sich an Sizzlas Haltung seit seinem Einreiseverbot
im Jahr 2008 nichts geändert hat: „Ich kann nicht damit aufhören, diese
Lieder zu singen, denn es gibt da eine Message in diesen Songs, die die Leute
hören sollten.“ Und einige dieser Lieder übermitteln als Botschaft eindeutig
bestimmte diskriminierende Vorurteile und tragen damit zur gesamtgesellschaftlichen
Homophobie bei.

Das Thema ist ohne Zweifel hochsensibel, es muss unbedingt in jedem Fall
neu argumentiert und geprüft werden. Künstler müssen die Freiheit haben, mit
Inhalten und Symbolik zu spielen und gelegentlich auch Tabus zu brechen.
Auch Ansichten, die stark vom gesellschaftlichen Mainstream abweichen, haben
ihren berechtigten Platz in einer offenen Gesellschaft. Die Geschichte der
Rock- und Popmusik bietet zahlreiche Beispiele für Versuche, durch Provokation,
Schock und bewussten Bruch mit der Political Correctness die Auseinandersetzung
mit gesellschaftlichen, kulturellen oder politischen Phänomenen zu
erzwingen. Aber eine eindimensionale, agitatorische Propagierung von Verachtung, Hass und Vernichtung von Menschen, die bestimmten gesellschaftlichen
Gruppen angehören, sowie rassistisch-sexistische Stigmatisierungen
können wir nicht akzeptieren. Wir sind weit davon entfernt, Zensur gutzuheißen
oder künstlerische Ausdrucksfreiheit einschränken zu wollen. In diesem
Einzelfall jedoch gibt es aus unserer Sicht keinen Zweifel darüber, was zu tun
ist.

Wir fordern Sie daher auf, den Auftritt von Sizzla auf dem Chiemsee Reggae
Summer abzusagen. Sizzla verstößt mit seinen Texten gegen die Menschenwürde
und die Grundrechte unserer Gesellschaft.
Wir sind der Meinung, dass wir alle unsere Verantwortung zur Bewahrung einer
lebendigen, vielfältigen, toleranten und demokratischen Gesellschaft wahrnehmen müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Karin Ruckdäschel, Kreisjugendring München-Stadt

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