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Pfui Deifi – Viehzauber, Schlechtwettermachen & Tänze

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So kompliziert hatte das Münchner Stadtgericht sich das nicht gedacht, als es 1615 einen Hexenprozess gegen eine junge Frau, ihre Schwester und ihre Mutter anstrengte. Die junge Frau, Barbara Schwerzin, hatte einen Selbstmordversuch überlebt und als Grund angegeben, sie sei vom Teufel besessen und ihre Mutter und Schwester seien ebenfalls Hexen. Die Verhöre der drei Frauen, die bis dahin ein kärgliches Leben bei einem Weber gefristet hatten, aber auch von Betteln und gelegentlicher Prostitution lebten, waren erfolgreich verlaufen. Alle gestanden die ihnen zur Last gelegten Vorwürfe, wie Viehzauber, Schlechtwettermachen, Hexentänze, so dass schnell feststand, alle drei als Hexen anzusehen. Es schien ein einfacher Fall zu sein, aber dann begann sich das Blatt zu wenden. Die Aufsichtsbehörde, der herzogliche Rat, monierte einen Verfahrensfehler, weil die Stadt vergessen hatte nach Komplizinnen der Angeklagten zu fragen. Als der Entzug des Verfahrens drohte, begann das Stadtgericht nochmals mit Verhören. Und dann dies: als alles klar schien, die Aussagen bestätigt, Komplizinnen genannt worden waren, widerrief die Mutter plötzlich ihr Geständnis. Abermals mussten die drei Frauen vernommen werden. Inzwischen aber gewannen die Skeptiker im Stadtgericht wohl die Oberhand und überprüften die seltsamen Geständnisse. Barbara Schwerzin behauptete, sie hätte in Grafrath das Allerheiligste aus der Monstranz gestohlen. Endlich schickte man einen Boten dorthin und musste erfahren, dass ein solcher Diebstahl in Grafrath völlig unbekannt war. Gerne hatte das Stadtgericht der Selbstbezichtigung der Barbara Schwerzin geglaubt, vom Teufel besessen zu sein, als aber offenbar wurde, dass sie Delikte erfand und zu gotteslästerlichen Lügen neigte, war den Richtern bewusst, dass die junge Frau nur eine Lügnerin, aber keine Hexe sein konnte. Barbara und ihre Mutter wurden an die städtischen Armenversorgungsinstitute gegeben. Die Schwester aber wurde hingerichtet: Sie hatte in diesem eigenartigen Prozess unter der Folter „gestanden“, sie hätte versucht, ihre Mutter zu vergiften. Mäusegift hätte sie in die Suppe gemischt, woraufhin die Mutter zehn Tage lang krank im Bett lag. Der vermeintliche Giftmordanschlag galt als Begründung für die Hinrichtung. Vom Hexenvorwurf wurden aber alle drei Frauen freigesprochen.

Kristin Holighaus erzählt diese und mehr Geschichten am 18. Oktober bei ihrer Stattreisen-Führung „Vermaledeite böse Weiber – Hexenverfolgung in München“. Für die Teilnahme ist keine Anmeldung erforderlich. Der Preis beträgt neun Euro (ermäßigt sieben). Die Führung startet um 14 Uhr an der Kirche St. Michael in der Neuhauser Straße. (Photo: privat)

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