Kinogucken, Kultur

Mit Ridley Scott ins All

Thomas Empl

Ganze dreißig Jahre nach solch wegweisenden Werken wie Blade Runner und Alien kehrt Sir Ridley Scott mit Prometheus zu dem Genre zurück, welches ihn berühmt gemacht hat: Science Fiction. Wurde auch Zeit.

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Der lang erwartete Film spielt zwar im Alien-Universum, erzählt aber eine neue Geschichte – die alte Heldin Ripley ist nirgends zu sehen. Stattdessen schickt der Brite neue Gesichter ins All, um nicht weniger als die Ursprünge des Menschen zu erforschen. Die Forscherin Elizabeth Shaw entdeckt auf Höhlenmalereien die immer gleichen Himmelskoordinaten und bricht deshalb – finanziert von der ominösen Weyland Corporation – mit einem Team auf, um die letzten Fragen der Menschheit zu beantworten. Was macht uns menschlich? Wer hat uns erschaffen? Warum wurden wir erschaffen?

Das Aufwerfen solch essentieller Themen schafft natürlich eine gewisse Grundstimmung: Alles scheint möglich. So entsteht einerseits eine unglaubliche Neugier, zu erfahren, was auf das Forscherteam wartet. Andererseits ist natürlich klar, dass es nicht nur auf Wohlgesinntes treffen wird. Schon allein visuell lohnt sich die Reise. Das Raumschiff, die Prometheus, ist großartig gestaltet, futuristisch reminiszent an die Nostromo aus Alien und doch eigen. In einem Tempel unserer möglichen Schöpfer werden düstere, verstörende Bilder mit grellgelben Helmen der Besatzung und schneidend roten Scan-Geräten kontrastiert. Es gibt schlicht kaum eine Einstellung in Prometheus, die nicht fantastisch aussieht. Sogar der 3D-Effekt wird zum vielleicht ersten Mal seit Avatar vollkommen sinnvoll genutzt. Man fühlt sich, als wäre man dort, und staunt zusammen mit den Figuren über deren Entdeckungen.

An Bord der Prometheus hat Sir Ridley eine illustre Runde unverbrauchter, junger Schauspieler versammelt. Noomi Rapace, bekannt aus Stig Larssons Millenium-Trilogie, schafft den Sprung zur Hauptdarstellerin einer teuren Hollywood-Produktion mühelos. Sie vereint Verletzlichkeit und Stärke und ähnelt dadurch nicht nur optisch Sigourney Weavers Ripley. Charlize Theron glänzt als kalte, gefühllose Karrierefrau und Idris Elba bringt als Captain des Schiffs eine unglaubliche Coolness und Ruhe mit. Wer allerdings wieder einmal allen die Schau stiehlt, ist der unfassbare Michael Fassbender. Der Deutsch-Ire hat als menschengleicher Roboter David die eindeutig komplexeste Rolle, über deren Motivation man sich nie ganz im Klaren ist. Fassbender spielt ihn sympathisch und doch irgendwie undurchschaubar, mal böse zynisch, mal fast bemitleidenswert. Auch dem vom Menschen gebauten Android stellt sich natürlich die Frage, warum er erschaffen wurde.

Leider hat man sich nicht allein auf diese Gruppe interessanter Existenzen konzentriert. Die Besatzung ist größer, weshalb bei einigen der No-Name-Darsteller schnell klar wird, dass sie nur als Kanonenfutter ins Drehbuch geschrieben wurden. Sie verhalten sich teils frustrierend unlogisch. Außerdem versäumen es die Autoren, die Entwicklung mancher Charaktere zu Ende zu führen. Ohne zu viel zu verraten: Prometheus endet recht offen. Möglicherweise will man sich die Tür zu einem Nachfolger offenhalten, was dem Film selbst leider etwas schadet. Viele der aufgeworfenen Fragen werden nicht beantwortet, einige Schicksale nicht befriedigend zu Ende geführt.

Nur kann ein Film wirklich den Sinn des Lebens finden? Natürlich nicht. Dafür wird man auf dem Weg zu dieser Erkenntnis richtig gut unterhalten. Konstant fragt man sich, was als nächstes auf einen lauert, und erlebt atemlose, nervenzehrende Spannung. Ridley Scott zeigt, dass er immer noch ein Meister auf seinem ursprünglichen Gebiet ist. Prometheus hat – vor allem im Drehbuch – seine Schwächen. Doch die können nicht verhindern, dass man für zwei Stunden trotz all der in ihr ruhenden Feindseligkeit gänzlich in diese Welt eintaucht. Danach verlässt man nur sehr ungern und sichtlich mitgenommen das Kino und muss leider wieder in die langweilige Münchner U-Bahn steigen.

scaredshawWEB

(Prometheus kommt am 09. August ins Kino)

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