Nach(t)kritik

Samba auf dem Hackbrett

DPP_0001390

Foto: Steffen Raab

Wer beim Hackbrett an voralpenländische Stubenmusi denkt und die Gitarre mit Lagerfeuerakkorden verbindet, wurde kürzlich im Giesinger Kulturcafe eines Besseren belehrt. Denn damit hatte das Konzert von Rudi Zapf und Ingrid Westermeier nicht das Geringste zu tun.

“Meine Vorbilder waren die Fischbachauer Sängerbuben” bekennt Hackbrettspieler Zapf mit reichlich Augenzwinkern. Davon merkt man glücklicherweise nichts beim Auftritt des Duos.  From Ireland to Spain – Eine musikalische Europareise heißt ihr Programm. Schon nach dem zweiten Stück kommen “Bravo”-Rufe aus dem Publikum.

Und als die Reisegruppe begleitet vom Schmetterlingswalzer in Finnland halt macht, ist klar, dass dieser Abend nicht nur musikalisch sehr unterhaltsam wird. So lernen die Zuhörer, dass man Helsinki mit Sonnenuntergang übersetzen kann. Sonnenaufgang heißt auf finnisch logischerweise “Helsteigi.” Russland ist mit einer Zigeunerweise vertreten. Die Noten für dieses Stück hat Zapf von einem St. Petersburger Musiker erhalten: “Das war der Viktor, der hat  zuviel Wodka getrunken.” Auch Ingird Westermeier hat nicht nur musikalisch einiges zu bieten. Von Zapf auf ihre ungefähr 28 Irlandreisen angesprochen, erzählt sie auf charmante Art und Weise, dass diese teilweise ganz schön anstrengend gewesen seien. Ständig habe sie Guiness und Wodka trinken müssen. Das grüne Land liebt sie auch aufgrund des beständigen Wetters: “Es gibt immer Wind und es gibt immer Regen.”

Das Duo Westermeier/Zapf spielt schon seit 1981 zusammen. Angefangen haben sie mit Klassik in “Kleinberghofen hinter Dachau.” Klassische Stücke von Bach und Vivaldi gibt es auch an diesem Abend bei den Reise-Zwischenstops in Deutschland und Italien. Einer der Höhepunkte ist aber zweifellos ein Tango. Oder ein Lied aus Irland, das beschreibt, wie der Wind durch ein Gerstenfeld streicht. Oder das Gitarrenstück eines Brasilianers, der sich den Künstlernamen Pernambuco gegeben hat, nach einem brasilianischen Bundesstaat. Dieser Name inspiriert Zapf zu der Ãœberlegung, künftig als “Mecklenburg-Vorpommern” oder “Sachsen-Anhalt” aufzutreten.

Das nicht ganz so eurpäische Brasilien ist auf der musikalischen Europareise auch noch mit einer Samba vertreten. Samba auf dem Hackbrett? Das geht, und wie! Auch der Klang von Kastagnetten kann mit einem Hackbrett nachgeahmt werde: für ein spanisches Stück funktioniert Zapf sein Instrument zu “Hackagnetten” um, indem er mit den Schlegeln auf den hölzernen Rand hämmert. Auch Ingrid Westermeier spielt nicht einfach nur Gitarre. Sie zupft, klopft und trommelt, bis man kaum mehr glauben kann, dass sie eine eigentlich ganz normale Klampfe in der Hand hält. Zapf und Westermeier überholen sich fast gegenseitig, spielen so rasant, dass man keine Chance hat, den Fingern an der Gitarre oder den Hackbrettschlegeln irgendwie hinterher zu kommen. An besten also Augen zu und einfach nur genießen. Und staunen.

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons