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“Sie haben mit Ihrem Besuch die Besetzung legitimiert.”

Adrian Renner
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Montagabend stellte sich Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch den Studenten im Audimax – ein denkwürdiges Erlebnis für beide Seiten.

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Es war der erste offizielle Showdown der Münchner Studentenproteste, Protest gegen Politik. Der bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) war gekommen, um direkt mit den Besetzern zu sprechen, flankiert von LMU-Präsident Bernd Huber.1400 Studenten standen dichtgedrängt im Audimax, zwischen ihnen viele Fernsehkameras, weitere 200 verfolgten einen Livestream in einem anderen Hörsaal. ” Sind wir uns also einig, dass die Besetzung des Audimax weitergeführt werden soll?”, fragte das Moderationsteam, wie üblich zu Beginn jedes Plenums, und die Studenten reagierten wie üblich: Armewedeln. Und zwei Stunden später, nach Ende der Versuche Wolfgang Heubischs, sich den Studenten zu erklären, nach drei hitzigen Schlussworten und einem mit belegter Stimme gesprochenen Abschiedsgruß, nach einer spontan ausgerufenen Demonstration auf der Ludwigsstraße, waren sich die Studenten einig: Wenn das die Antwort der Politik war, dann muss es weitergehen. Denn eins wurde klar: Heubischs Antworten waren den Studenten nicht genug. Und auch Heubisch selbst dürfte ebenfalls mit einem gemischten Gefühl aus dem Audimax gegangen sein.

Die Studenten hatten sich nach schwerer zehntägiger Diskussion am Montagmorgen auf einen klaren Forderungskatalog geeinigt. In der Diskussion mit Heubisch konzentrierten sie sich auf drei Aspekte: Studiengebühren, mehr demokratische Mitbestimmung für Studenten und gegen wirtschaftliche Einflußnahme auf Lehre und Forschung über den Hochschulrat und auf die Bachelor- und Masterumstellung der Studiengänge. Die Studenten hatten sich seit Tagen akribisch vorbereit (in der AG Wolfi), wohlwissend um ihre meistens ziemlich chaotische Außenwirkung, und wohlwissend, dass der Abend entscheidend werden würde für den weiteren Fortgang des Protests, und so war der ganze Abend generalstabsmäßig geplant. Und es wurde schwer für Minister Heubisch, und es war interessant zu sehen, wie normales Politiker-Floskel-Sprechen in einem solchen Rahmen an seine Grenzen geriet.

Erstens waren die Studenten hervorragend vorbereitet, und so unterliefen Heubisch einige Sachfehler, die seine Position nicht stärkten, und die von den Studenten vehement angegriffen wurden.  Zweitens waren die Studenten erstaunlich diszipliniert und durchorganisiert, Zwischenrufe und persönliche Angriffe wurden von der Moderation mit sichtlichem Vergnügen niedergebügelt.  So stand das kategorische Nein von Wolfgang Heubisch zu einer Senkung der Studiengebühren, zu mehr studentischen Mitspracherechten im Senat und zu einer Abschaffung des Hochschulrats sehr bald auf wackeligen Füßen. Auf die wiederholten Nachfragen der Studenten, wie er dies denn begründe, antwortete Heubisch entweder mit einem “es ist im Interesse der Sache” und “im Interesse einer guten Lehre” oder mit dem Verweis auf die bundesweit exzellenten Studienbedingungen in Bayern oder aber mit dem Verweis, dass er für dies nicht zuständig sei. Zu wenig für die auf konkrete Antworten pochenden Studenten.

Die Studenten versuchten dem erst sachlich entgegenzutreten, konfrontierte Heubisch immer wieder mit Artikeln aus dem bayerischen Hochschulgesetz, und auf wiederholte Nachfragen stieg sichtlich die Nervosität. Heubisch versprach sich, und der Unmut der Studenten war ihm sichtlich unangenehm. Bei wenigen Punkten war er zu einem Entgegenkommen bereit: Konkordatslehrstühlen, Prüfung einer verfassten Studentenschaft, Gespräch über die Besetzung des Hochschulsenats und eine mögliche Reform der Bachelor-Studiengänge. So endete die Diskussion mit drei fulminanten Schlussworten der Studenten: “Unser Protest wird länger bestand haben als ihr Basta!” war der Tenor, und als der letzte Redner aus dem Plenum Heubisch noch einmal unter Beifallsbekundungen für sein Kommen gedankt hatte, wurde verkündet, damit habe er die Besetzung und den Anspruch der Studendten auf Protest legitimiert. Heubisch, der als letzter sprechen durfte, haspelte mit belegter Stimme zwei Sätze ins Mikro – ein stilles Eingeständnis an die Besetzer. LMU-Präsident Huber wollte gar nichts mehr sagen.

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