Kultur

Soundtrack zur Weltverbesserung

Marco Eisenack

Kammerspiele Screenshot Konzert zur Revolution

Intellekt-Punker Schorsch Kamerun hat die Münchner Räterepublik hörenswert vertont. Pünktlich zur Räumung der Uni steht der Revolutionschor morgen wieder auf der Bühne der Kammerspiele. Es gibt noch Karten und bei uns einen Video-Schnippsel vorab.

Die Frankfurter Rundschau hat die Premiere gesehen und war begeistert: “Kamerun hat an diesem Abend tatsächlich die Flasche gefunden, auf der “Revolution” steht. Und er hat sie aufgemacht. Das Hoffnungsvolle, Wilde und Apokalyptische, das Versumpfte, Verquaste und Verstiegene, das ganze Unkraut und die ganze Schönheit der Räterepublik stecken schon in diesen Liedern.

Und auch der Münchner Merkur ist nach dem Stück ganz auf Umsturz eingestellt. “Kameruns Interesse liegt auf den Voraussetzungen, Begleiterscheinungen und Folgen einer Umwälzung der Verhältnisse. Und so lässt er die sprechen, die Revolution nicht nur gemacht haben, sondern auch noch das dichterische Zeug dazu hatten, darüber zu schreiben: Kurt Eisner, Ernst Toller, Erich Mühsam, Oskar Maria Graf.”

Schorsch Kamerun selbst erklärt sein ungewöhnliches Konzert-Projekt so:

Kunst kann politisch sein. Ihre Werke können politisch sein. Genauso wie ihre Akteure. Ist aber die direkte Thematisierung aktueller Nöte und politischer Missstände schon Kennzeichen einer politisch wirksamen Kunst?

Was – außer dem Auge des Betrachters – macht ein Kunstwerk politisch und wie macht die Kunst Politik? Kann die Attraktivität der Kunst politisieren oder höchstens begleitend beschreiben?

Es ist nicht leicht, Beispiele für Politik in der Kunst und umgekehrt zu benennen. Zunehmend werden die Symbole politischer Ideale als modische Ware verdaut. Während der Münchner Räterepublik waren diese Zuschreibungen einfacher. Kurt Eisner, der erste bayerische Ministerpräsident, war Schriftsteller. Er gründete einen “Rat geistiger Arbeiter”, dem unter anderen auch Paul Klee, Rainer Maria Rilke, Oskar Maria Graf, Heinrich Mann und Hans Richter angehörten. Der Dichter Ernst Toller war zeitweise Vorsitzender des Zentralrates und später Truppenkommandant.

Selten war die Durchdringung von Kunst und Politik so evident wie in dieser kurzen Phase der bayerischen Revolution. Es herrschte eine “Gesinnung des Weltänderungswillens”. Vielleicht deutet sich dieser Wille an den Brennpunkten der aktuellen Krise, in Athen, Rejkjavik, Riga, Paris, London oder Straßburg neu an. Unser Konzert zur Revolution will versuchen, die Spuren des Widerstands aus den Texten der schreibenden Umstürzler zu vertonen. Außerdem wollen wir etwas Größeres aufbauen.

Münchner Kammerspiele, Schauspielhaus

Mi., 30.12., 20 Uhr
Karten: 089 233 966 00

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