Kultur, Live

This Town is a Village

Sebastian Gierke
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Münchens wahrscheinlich bester Musik-Dichter in der mucmusi: Phil Vetters neues Album “I Pretend my Room´s a Sailing Boat”. 

Phil Vetter

Phil Vetter hat für sein drittes Soloalbum „I Pretend my Room´s a Sailing Boat“ zwölf Lieder aufgenommen. Klassische Popsongs, wie sie in dieser Stadt im Moment niemand sonst so vollendet hinbekommt. Vetter ist so clever und ja, auch virtuos, dass er die extrem gefährlichen Fallen des Songwriter-Genres leicht umgeht. Er ist nicht getrieben von hitziger Innerlichkeit, Vetter ist kein Einlullaktivist. Seine Songs reichen über die eigene Befindlichkeiten hinaus. Er ist Melancholiker, kein Misanthrop. Und im Gegensatz zu den abgezirkelten Spielweisen des Indierock, wie Vetter sie mit Big Jim bis 2006 breitbeinig gepflegt hat, sucht er als Solokünstler nach der elementaren musikalischen Form. Big Jim, in München gefeiert, wurden von der Wucht der eigenen Anstrengung aus der Bahn geworfen. „Wir sind damals von außen mit tausend Forderungen bombardiert worden. Da war kein Platz mehr für Musik, und die bedeutet mir alles“, war sich Phil Vetter sicher. Er hat dann einfach das im Musikgeschäft gerade gelernte wieder vergessen und fand so zu einer neuen Naivität.  PHIL_VETTER_02

Er spielt mit Traditionen, schätzt Jackson Browne, Jeff Buckley und natürlich die Beatles, covert aber zum Glück die Britpop-Ikonen Blur („Out of Time“) . Dann blättert Vetter im großen amerikanischen Liederbuch („High with Indiana Jones“).  Es gibt Songs voller epischem Schwung („Learn to Fly“)  oder unaufgeregtem Swing (Like Me). „A Million Ways to Die“ ist ein rührend lakonisches Lied über den Tod. Und dann singt Vetter von einer Stadt, die ein Dorf ist und in der man sich trotzdem nicht findet („This Town is a Village“). Ein München-Lied. Phil Vetter, der beste Musik-Dichter der Stadt. Mindestens.

Der München-Ort zum Album:

Ein sonnenrissig grauer Morgen auf der Theresienwiese, ein paar Tage nach dem Oktoberfest, menschenleer, die Zelte, Buden, Achterbahnen zur Hälfte schon teilweise abgebaut, die Gerippe der Vergnügungsindustrie, aus den Holzplanken steigen noch Bierdämpfe auf und Erinnerungen. Ein beschwingter Taumel: Vorbei das zu Laute, zu Aufdringliche. Und die Sonne überredet den Nebelschleier zur Aufgabe. (Welcher München-Ort fällt Euch zu dem Album ein? In die Kommentare.)

Phil Vetter auf Tour (Support: SAM I AM von Jamaram): 28. Oktober Muffatwerk,  Ampere

Fotos: Tsetse Promotion

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