Kultur

Und alle waren sie da

Adrian Renner
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Helene Hegemann debattierte am Donnerstagabend in den Kammerspielen über die Debatte um Helene Hegemann. Ein kleiner Bericht.

Unglückliche Planung: Seit letztem Jahr stand es fest, die damals noch kaum bekannte Helene Hegemann mit ihrer ebenfalls schreibenden Freundin und Thomas-Meinecke-Tochter Juno Meinecke auf eine Bühne zu setzen und sie über das Schreiben und das Jungsein reden zu lassen. Man wusste wohl wirklich nicht, was dabei herauskommen sollte, also kündigte man das im Programmheft mit einem Gespräch” über die bevorstehende Revolte gegen die Welt der Erwachsenen” an.  Warum auch nicht. Dann kam natürlich die Debatte dazwischen.

Es sah dann so aus: Zwei junge Frauen auf der Bühne, um die Bühne herum hauptsächlich schwarz gekleidete Menschen aus dem Kulturbetrieb, Blumenbar-Verlag und Club 2, Dramaturgen der Kammerspiele; im Publikum Schauspieler, LMU-Literatur-Dozenten, älteres Bildungsbürgertum und sympathisierende Jugendliche – alle hatte sie die Debatte hereingespült und alle wollten sie auch ein bisschen teilhaben an der Debatte – und sie durften auch. Völlig unmöglich, dass sich hier eine 18- und eine 20jährige unbefangen unterhalten, also durfte das Publikum fragen und reden.  Die  eine Hälfte (die jüngere) wollte sich mit Helene Hegemann anfreunden (“Ich schreibe auch…”), und die andere Hälfte (die ältere) gab mütterväterliche Ratschläge (“Mädel, du brauchst ein bisschen Ruhe…”).

Erst wurde allerdings gelesen aus Axolotl Roadkill und nebenbei geraucht. Das Buch gewinnt wahrscheinlich, wenn es mehrere Leute laut und betont lesen; es ist unterhaltsamer und weniger sperrig, rythmischer, und wahrscheinlich wird es bald auf allen Theaterbühnen zu sehen sein, wenn Ullstein die Rechte hergibt. Der Sperma-und-Analsex-Effekt, dieses komische Zuhören bei Text-Passagen zusammen mit lauter unbekannten Personen, in denen Sachen gesagt werden, über die man garantiert nicht so laut und betont mit seiner Freundin reden würde, funktionierte prächtig. Und dem Buch ist die Debatte glücklicherweise egal.

Das Gespräch hatte die Debatte dann allerdings schnell in der Hand, und es wurde alles gesagt, was schon gesagt wurde und was in keinem Falle lohnt, noch einmal wiederholt zu werden. Helene Hegemann ist eine kluge, sympathische, ziemlich eloquente und belesene junge Frau, die sich über die Sachen (Identität, Abgrenzung etc.) Gedanken macht, die zwischen 15 und 20 wichtig sind und dann den Wunsch und die Mittel hatte, ein Buch zu schreiben. Der Rest sind Geschichten.

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