Kultur, Live

Freitag, 20. November: Attentate auf die Erfahrungswirklichkeit

Sebastian Gierke
Letzte Artikel von Sebastian Gierke (Alle anzeigen)

George Clooney liest Geschichten, Morrissey spielt Ukulele, Muse sind erbärmlich. Ach ja: Keine 0er-Show!?

Wenn einem George Clooney Geschichten vorliest, die man sich selbst ausgesucht hat, kann das schon mal verwirrend sein. Oder schön. Oder langweilig. Jedenfalls wird in einem solchen Fall gelesen, um das Lesen der Lüge zu überführen: Ein Kerl mit der Stimme einer Projektionsfläche liest irgendwelche Texte. Ein Attentat auf die Erfahrungswirklichkeit und ein Abend für das Sekundäre, diese Lese-Impro-Show, morgen Abend mit Martin Umbach, Schauspieler und eine der Synchronstimmen George Clooneys, in der Pasinger Fabrik.

Nicht das einzige Attentat an diesem Freitag: Postmoderne Doppel- und Vielfachkodierung kann man am gleichen Abend auch im Atomic Café erleben.

Oder doch erstmal: Morrissey.  Selbstmitleid verwandelt der schon lange Jahre in überwältigende Kunst. Spielerische Eleganz, Introspektion, Einsamkeit.  Steigend sinkt er nieder, der große britische Dichter. Moz.

Und dann also der wunderbare Perrecy aus Ingolstadt im Atomic: Er spielt Morrissey-Songs mit der Ukulele. Alles ist Müll, alles ist Zitat. Bigmouth Strikes Again,  Shakespeare’s Sister!

Musik ist ja auch schon lange eine Art geschichtlicher Prozess, Kreativität taucht, meist ziemlich plötzlich und ausschließlich  in der Differenz von Original und Kopie auf. Falsche Konstruktionen produzieren echte Gefühle – und können deshalb überhaupt nicht falsch sein. Die Lüge liegt immer völlig nackt da, und kaum einen interessierts. Großartig, oder?

Dagegen gar nicht großartig, weil die Lüge einem unwahrnehmbar untergejubelt werden soll: Muse. Diese George Clooneys der Rockmusik glauben tatsächlich noch, dass Handeln und Erfinden eins sind. Erbärmlich.  Eine  fast klassische Illusion des Neuen.

platte

Ach ja: Für was werden eigentlich die Nullerjahre stehen? Musikalisch? Für einen nicht mehr linearen Fortschritt? Popmusik als ausufernde Folge von Suchanfragen im Netz, als Anhäufung von Zitaten. Popmusik, die sich in nicht nachzuvollziehenden, nicht berechenbaren Minischritten in viele verschiedene Richtungen ausdehnt? Kann es sein, dass die 70-80-90er-Show-Freaks im TV an der sicher schon geplanten 0er-Show in ein paar Jahren scheitern werden?

Lese-Impro-Show mit Martin Umbach, Pasinger Fabrik, August-Exter-Straße 1

Morrissey, Tonhalle, 20 Uhr

Perrecy, Atomic Café, 23 Uhr

Muse, Olympiahalle, 20 Uhr

Ähnliche Artikel

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons