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Ein Meister der Farben – 5 Gründe, warum es sich lohnt, Auguste Herbin wiederzuentdecken
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Das Münchner Lenbachhaus ehrt noch bis zum 19. Oktober Auguste Herbin. Einen vergessenen Pionier der abstrakten Kunst und Miterfinder des Kubismus. Fünf Gründe, warum es sich lohnt, den französischen Maler wiederzuentdecken.
1. Auguste Herbin war der Nachbar von Picasso
Da ist dieses knallige Gelb, das Rot, das Blau, das Rosa. Und neben den geometrischen, tanzenden Formen sind es vor allem diese Farben, die einem bei Herbins Bildern sofort ins Auge fallen. Warum sein Name selbst unter Kunstkennern kaum geläufig ist, das ist eine Frage, die man sich beim Besuch der aktuellen Ausstellung „Auguste Herbin“ im Lenbachhaus schnell stellt. Dabei hat der 1882 geborene und 1960 gestorbene Künstler nicht nur die abstrakte Kunst, sondern wie etwa das Bild „La famille, femmes et enfants“ von 1914 zeigt zuvor auch den Kubismus miterfunden.
Auguste Herbin war mittendrin in der Pariser Avantgarde. Künstler wie Pablo Picasso und Georges Braque waren auf dem Pariser Montmartre seine Nachbarn. Zeitweise hat Herbin sogar im ehemaligen Atelier von Picasso gearbeitet. Und trotzdem zogen in Puncto Bekanntheit seine Kollegen bald an ihm vorbei. Herbin wurde dafür eine Art „Künstler-Künstler“. Er wurde für seine Konsequenz, für seine Hingabe geschätzt. Kinetische, konkrete und Op-Art-Künstler sahen in ihm ein Vorbild. Auf der Documenta waren seine Bilder zu sehen. Und trotzdem wurden Herbins poppige Bilder nie wirklich populär.

Auguste Herbin, La famille, femmes et enfants, 1914, CCØ Paris Musées / Musée d’art moderne de Paris © VG Bild-Kunst Bonn, 2025
2. Auguste Herbin glaubte an eine Kunst für alle
Dabei wollte der französische Maler keine exklusive Kunst für Künstler schaffen. Stattdessen sollten seine Gemälde eine emotional erfahrbare „Kunst für alle“ sein. Herbin glaubte zeitlebens daran, dass die abstrakte Kunst zu einer neuen und gerechteren Gesellschaft verhelfen könne. Nur sie könne die Persönlichkeit des Künstlers und allgemein des Menschen ausdrücken. Indem sie den Menschen die „geistige Wirklichkeit“ (ein Bild von 1939 ist so betitelt) zeigt, glaubte Herbin, könne sie deren Bewusstsein erweitern und befreien.
Herbins Glaube an eine Kunst für alle, sein Wunsch, die menschliche Gesellschaft zu verbessern, das hatte seinen Ursprung teilweise im Kommunismus. Der Franzose war lange Mitglied der kommunistischen Partei. Es war aber auch sonst sozial sehr engagiert. Und das hatte auch mit seiner Herkunft zu tun. Denn Herbin stammte aus einfachen Verhältnissen. Beide Eltern arbeiteten in der Kleinstadt Le Cateau in einer Textilfabrik. Tatsächlich ging auch seine ersten Ausbildung in Richtung Kunsthandwerk. Und seine Wertschätzung für das Handwerk hat er nie verloren.

Auguste Herbin, Réalité spirituelle, 1939. Foto / Photo: Galerie Lahumière Paris, © VG Bild-Kunst Bonn, 2024
3. Auguste Herbin hat sein eigenes Kunst-Alphabet entwickelt
In den 1940er-Jahren arbeitete Herbin an einem eigenen Regelwerk, das er schließlich 1949 in dem Buch „L’art non-figuratif non-objectif“ veröffentlichte. Er nannte dieses Regelwerk „alphabet plastique“ und benutzte es von da an als Grundlage für alle Werke. Das Entscheidende daran ist, dass den Formen und Farben bestimmte Töne und Buchstaben zuordnet sind. Das sieht etwa so aus, dass dem Buchstaben „E“ als Farbe Rot, als Form der Kreis und als Ton das „Do“ entspricht. Beim „T“ dagegen sind es mit dem Halbkreis und Quadrat zwei Formen und mit La, Sol, Si gleich drei Töne.
Was dabei herauskommen kann, zeigt ein spätes „Selbstporträt“ von 1959. Darauf hat er Herbin seinen Nachnamen in Farben und Formen übersetzt. Aber wie bei allen Gemälden ist das Ganze keine sklavische Umsetzung seines Alphabets, das unter anderem von Goethes Farbenlehre inspiriert ist. Im Gegenteil gibt es zu allen Wörtern mehrere unterschiedliche Bildlösungen. Es gibt immer ein improvisatorisches Moment. So wie im Jazz, dem Herbin 1936 ein ebenfalls im Lenbachhaus zu sehendes Bild gewidmet hatte.

Auguste Herbin, Jazz, 1936, Musée d’art moderne de Paris, CCØ Paris Musées / Musée d’art moderne de Paris © VG Bild-Kunst Bonn, 2025
4. Auguste Herbin hatte enge Verbindungen zu Deutschland
Die ersten Bilder von Auguste Herbin in Deutschland waren 1907 im Museum Folkwang in Hagen zu sehen. Damals schwankten seine Gemälde noch zwischen Impressionismus und Expressionismus. Wie etwa ein Selbstporträt von 1906 in der Ausstellung zeigt, auf dem Herbin mit Staffelei in einem Stuhl sitzt. Die kräftigen Farben sind wie im Impressionismus teilweise in Punkten aufgetragen. Es gibt aber auch geschwungene Linien und als Farbe das im Impressionismus eigentlich verpönte Schwarz.
Herbin selbst reiste 1909 vermittelt durch den Galeristen Wilhelm Uhde erstmals nach Deutschland, und zwar nach Hamburg. In der Ausstellung ist ein Bild vom Hamburger Hafen zu sehen. Was München angeht, dort wurde Auguste Herbin erstmals 1912 ausgestellt. Damals nahm ihn die hiesige Galerie Hans Goltz ins Programm. Zu den dort gezeigten Bildern gehörte ein weiteres Selbstporträt aus dem Jahr 1910. Es zeigt Herbin als einen selbstbewussten Kunst-Arbeiter mit Schiebermütze und in einem langen grauen Mantel. In dieser Rolle könnte man sich auch Jean Gabin oder Jean-Paul Belmondo vorstellen.

Auguste Herbin, Autoportrait, 1906 © Collection Kröller-Müller Museum, Otterlo, the Netherlands. Foto / Photo: Rik Klein Gotink © VG Bild-Kunst Bonn, 2025
5. Auguste Herbin hat den Schriftsteller Erich Mühsam porträtiert – und wie!
Noch bevor Auguste Herbin im Jahr 1909 nach Hamburg reiste und bevor sein Werk in München zu sehen war, besuchte der anarchistische Schriftsteller und Antimilitarist Erich Mühsam umgekehrt Paris – und wurde dort von Herbin porträtiert. Das war im Jahr 1907. Mühsam, der von 1909 an in Schwabing wohnte und zehn Jahre später mit Mitstreitern wie Ernst Toller die Münchner Räterepublik ausrief, lernte im Pariser Café du Dôme den Galeristen und Kunstschriftsteller Wilhelm Uhde kennen. Und der wiederum vermittelte den Kontakt zu Picasso und Herbin.
Das von Herbin gemalte Porträt, das heute zu seinen bekanntesten Bilder zählt, ist von der Physiognomie und Haltung her sehr treffend. Erich Mühsam ist sitzend vor einem Buch, mit Brille und Zigarre dargestellt. Was überrascht, das sind die ungewöhnlichen, exzentrischen Farben. Denn Herbin hat aus Mühsams berühmter feuerroter Mähne schwarze Haare gemacht, die sich vor einem fliederfarbigen Hintergrund abheben. Ein Wow-Effekt, der einen gleich am Eingang der Ausstellung erwartet. Und ein Bild, das abermals beweist, was für ein großartiger Kolorist Auguste Herbin war.

Auguste Herbin, Porträt Erich Mühsam, 1907. Foto / Photo: Galerie Lahumière Paris, © VG Bild-Kunst Bonn, 2024
Beitragsbild: Ausstellungsansicht / Installation Shot, Auguste Herbin, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München / Lenbachhaus Munich, 2025. Foto / Photo: Lukas Schramm, Lenbachhaus