Erwin Kahn (1900 – 1933) war das erste Mordopfer der Nationalsozialisten in München nach
deren Machtübernahme in Bayern im März 1933. Sein Schicksal war der Öffentlichkeit bis-
lang weitgehend unbekannt. Kahn, der jüdischer Herkunft war, wurde am 12. April 1933 im
KZ Dachau niedergeschossen, überlebte nach einer Operation in der Chirurgischen Klinik in
der Nußbaumstraße und starb dort am 16. April 1933. Wahrscheinlich erwürgten ihn Wach-
leute der SA oder SS. An Kahns 90. Todestag, dem 16. April 2023, wird an seinem ehemali-
gen Wohnhaus in der Hans–Sachs–Straße 18 ein Erinnerungszeichen gesetzt.
Um 16.30 Uhr findet im St.–Vinzenz–Haus des LMU Klinikums in der Nußbaumstraße eine
Gedenkveranstaltung statt. Teilnehmen werden Stadtrat Beppo Brem in Vertretung des Ober-
bürgermeisters der Landeshauptstadt München, Dr. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der
Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, der Holocaust–Überlebende und
Präsident der Lagergemeinschaft Dachau, Ernst Grube, und der Initiator des Erinnerungszei-
chens, Kirchenrat Dr. Björn Mensing, Pfarrer und Historiker an der Evangelischen Versöh-
nungskirche in der KZ–Gedenkstätte Dachau. Um 17.30 Uhr wird in der Hans–Sachs–Straße
18 das Erinnerungszeichen angebracht.
Erwin Kahn kam am 12. September 1900 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in München
zur Welt. 1928 heiratete er in Bukarest Euphrosina Vessar. Zurück in München lebte das
junge Paar in verschiedenen Wohnungen, zuletzt in der Hans–Sachs–Straße 18. Die SA ver-
haftete Kahn am 11. März 1933 auf offener Straße und lieferte ihn in ein Polizeigefängnis ein.
Am 22. März 1933 verschleppte man ihn in das an diesem Tag eröffnete KZ Dachau. Dort
verübte die Lager–SS am 12. April das erste Massaker an kommunistischen Häftlingen mit
jüdischen Wurzeln, bei dem drei Männer aus Franken ums Leben kamen. Erwin Kahn, der
nicht in der Kommunistischen Partei war, wurde aufgrund eines Zufalls ebenfalls niederge-
schossen: Er hatte sich bei einem Aufruf gemeldet, da er denselben Nachnamen hatte wie
eines der drei Opfer. Erwin Kahn überlebte zwei Kopfschüsse, wurde nach dem Einschreiten
eines Polizeileutnants in die Chirurgische Klinik in der Münchner Nußbaumstraße gebracht
und dort operiert. Am 15. April 1933 schilderte er dort seiner Frau den Tathergang. In der fol-
genden Nacht zum 16. April 1933 starb Erwin Kahn. Die Obduktion des Gerichtsmedizini-
schen Instituts der LMU ergab, dass er mit stumpfer Gewalt gegen den Kehlkopf umgebracht
worden war. Wahrscheinlich hatten ihn Wachleute von SA und SS erwürgt.