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Für wen bauen wir eigentlich? – Stadtbaurätin Merk über eine Stadt, die uns allen gehört
Wie soll München in Zukunft aussehen? Diese Frage stellt sich Stadtbaurätin Prof. Elisabeth Merk nicht nur aus beruflicher Routine – auch in ihrer vierten Amtszeit, in die sie vom Stadtrat nahezu einstimmig gewählt wurde, scheint ihre Vision kein bisschen an Kraft verloren zu haben: Im Gespräch mit MUCBOOK-Herausgeber Marco Eisenack skizziert sie eindringlich ihr Bild von München, das für alle Generationen attraktiv ist. Eine Stadt, die nicht nur Raum bietet, sondern wirklich Platz macht – für Begegnung, für Gemeinschaft, für das, was wir gerne tun.
In der neuen Folge des MUNICH NEXT LEVEL Podcasts spricht Merk über ihr Konzept einer empathischen Stadtentwicklung. Was bedeutet das? Eine Stadt, die sich nicht nur um Gebäude und Verkehrsplanung dreht, sondern um das, was dazwischen passiert. Um Orte, an denen Menschen sich treffen, sich austauschen, sich selbst organisieren können – auch konsumfrei und so barrierearm wie möglich.
Haben wir eigentlich genug Platz für alles, was wir lieben?
Merk stellt die großen Fragen: Haben wir in München genug Raum für das, was wir wirklich brauchen? Wo sind die Orte, an denen soziale Begegnung ganz selbstverständlich passiert? Wie schaffen wir die sogenannten „Dritten Orte“, die weder Zuhause noch Arbeitsplatz sind, sondern Räume zum Verweilen, zum Spielen, zum Austauschen – ohne Konsumzwang? Sie wünscht sich ein München, in dem Schulhöfe auch am Wochenende offen sind, Bibliotheken als Treffpunkte funktionieren, Kulturorte außerhalb ihrer Öffnungszeiten genutzt werden. Eine Stadt, die nicht um 18 Uhr abschließt.

Das Flux, das im Juni 2025 im Münchner Kunstareal geöffnet hat, ist ein sogenannter „Dritter Ort“ in München. © Robert Haas
Die Stadt als Genossenschaft? Warum eigentlich nicht.
Eine ihrer Ideen: München als Genossenschaftsstadt. Ein solidarisches, kooperatives Modell, in dem sich Bewohner*innen, Unternehmen, Schulen und Kulturbetriebe in Stadtteilgenossenschaften zusammenschließen, um gemeinsam Verantwortung zu tragen – von der Schulhoföffnung bis zur Programmgestaltung im öffentlichen Raum. Ein Modell, das Entscheidungsstrukturen schafft, aber allen Mitgestaltung ermöglicht. Eine Stadt, die uns gehört, weil wir mitmachen dürfen.
Große Projekte – kleine Fragen
Natürlich geht es auch um stadtplanerische Meilensteine wie die Bayernkaserne in Neufreimann oder das New European Bauhaus-Projekt in Neuperlach. Doch während in der Öffentlichkeit oft über Hochhäuser und Nachverdichtung gestritten wird, richtet sie den Blick bewusst auch auf das, was im Alltag häufig untergeht: Für wen planen wir eigentlich?
„Ungefähr 16 Prozent unserer Bevölkerung sind heute unter 18“, sagt Merk. Für diese Menschen bauen wir die Stadt von morgen – aber hören wir sie auch wirklich? Kinder und Jugendliche wünschen sich vor allem eines: Erreichbarkeit und Autonomie. Sie wollen Orte, die sie selbst erreichen können – ohne Eltern-Taxi. Sie wollen konsumfreie Räume, in denen sie einfach sein dürfen.
Und dabei geht es nicht nur um neue Flächen, sondern auch darum, bestehende Orte anders zu denken: Warum schließen Schulhöfe am Wochenende? Warum sperren wir Bibliotheken abends zu? Warum sind viele Orte in München nicht unbegrenzt zugänglich?
Bürokratie abbauen – Vertrauen aufbauen
Ein großes Thema zieht sich durch das Gespräch. Das Bürokratiemonster. Merk sagt offen: Es gebe bei städtebaulichen Verträgen „unendliche Vermeidungsstrategien“. Viele Prozesse in München sind zu langsam, zu kompliziert, zu kleinteilig geregelt. Wenn man drei Rechtsanwaltskanzleien brauche, um einen städtebaulichen Vertrag zu unterschreiben, werde das Bauen natürlich immer teurer. Stadtentwicklung brauche Vertrauen und gemeinsame Verantwortungsübernahme. Merk vermisst heute oft den Mut, miteinander Lösungen zu finden. Nur so könne es schneller gehen.
Ein Podcast für alle, die das Leben in der Stadt lieben – und verändern wollen
Dieser Podcast ist kein technokratisches Gespräch, sondern ein leidenschaftliches Plädoyer für Städte, die Raum geben. Ein Gespräch über Werte, Verantwortung und die Frage: Für wen machen wir das eigentlich alles?
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