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“Lückenfülle”: Vier Münchner Studenten und ihr Projekt um einen gemeinsamen Lebensraum

Loulou Steinack

Das Studenten-Kollektiv um die “Lückenfülle”- Architekten will mit dem Projekt “Die Lücke” einen Lebensraum für alle schaffen, um so die Münchner Gesellschaft wieder zusammen zu führen. Wir haben mal nachgefragt!

 

Woher kommt der Name eures Projekts? Könnte “Die Lücke” nicht auch negativ aufgefasst werden?

Der Begriff „Lücke” beschreibt einen „Mangel an etwas, das eigentlich nützlich wäre”. Mit der „Lückenfülle” suggerieren wir den potentiellen Reichtum dieses Raumes durch seine alternative Nutzung und beabsichtigen dadurch eine positive Konnotation.

Wie lange arbeitet ihr schon an diesem Projekt?

Am 6. Juni haben wir das Gelände nach der Genehmigung des Bauherren das erste Mal betreten. Innerhalb von einem Monat haben wir den Ort mit unseren Händen zu einem nutzbaren Raum transformiert. Seitdem wird er von den Anwohnern, zufälligen Passanten und Interessierten als Plattform für verschiedenste Aktionen instrumentalisiert.

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Könnt ihr “Die Lücke” in 3 Schlagwörtern beschreiben?

Die Lücke ist ein transformativer, identitätsbildender Ort, der zufällige Begegnungen evoziert.

Ihr macht ja immer wieder verschiedene Aktionen und habt Künstler zu Gast in der “Lücke”. Würdet ihr euch auch als Künstler bezeichnen?

Im Laufe unseres Prozesses wurden wir von Passanten als „Urban Gardeners”, „Zimmerermeister”, „Sozialarbeiter”, „Bauarbeiter”, „Aktivisten”, „Künstler”, „Architekten” und schließlich als „Die Lückenfülle-Architekten” bezeichnet. Mit dieser Bezeichnung können wir uns wohl am besten identifizieren.

Das Ziel der “Lücke” war ja unter anderem, die Nachbarschaft zusammenzuführen. War euer Projekt erfolgreich?

Von Anfang an hat uns die Nachbarschaft durch Neugierde und Skepsis in Gespräche verwickelt. Seitdem die Lücke offen ist, beobachten wir, wie Gespräche nicht nur zwischen den Anwohnern, sondern auch mit fremden Lückenbesuchern angeregt werden. Durch das Neu- und Andersartige werden zufällige Begegnungen ermöglicht.

Warum ist München der ideale Ort für euer Projekt?

München erlebt in den letzten Jahren einen starken Bevölkerungszuwachs, dabei kommen Menschen verschiedenster kultureller Hintergründe auf dichtem Raum zusammen. Jedoch mangelt es an Schnittstellen, an denen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen aufeinander treffen. Oftmals kommen Leute auf uns zu, mit dem Kommentar: „So was kenn ich ja nur aus Berlin. Toll, dass es so etwas endlich auch mal bei uns in München gibt.” Die Stadt München erfährt durch den nationalen wie auch internationalen Vergleich einen Druck, alternative Nutzungen anzubieten. Folglich wird das Projekt aus Bevölkerungs- und Stadtperspektive allgemein unterstützt.

Was liebt ihr an München?

München lässt sich in vielen Maßstäben erfahren: An einer Stelle mitten in einer internationalen Großstadt, findet man sich an der nächsten Ecke auf einem Dorfplatz mit Kirche wieder. Die Stadt changiert zwischen Anonymität und familiärer Nachbarschaft, in der man noch auf die ein oder anderen „Originale” trifft.

Was macht ihr, wenn ihr nicht gerade in der “Lücke” beschäftigt seid?

Gute Frage! Die Lücke füllt derzeitig den größten Teil unser Zeit. Wir alle studieren Architektur und die „Lückenfülle” ist im Zuge unseres Studiums entstanden. Viel Zeit und Liebe in seine Projekte zu stecken, ist im Architektur-Studium ganz gewöhnlich – da bleibt oft nicht viel Zeit für Anderes.

Was war eure verrückteste Begegnung in der “Lücke”?

Ein von München enttäuschter, nach Nepal ausgewanderter Buddhist besuchte für zwei Tage die Stadt, fand zufällig unsere Lücke und dort einen alten Freund wieder, der gerade auch den Ort für sich entdeckt hat. Genau so einen Raum hätten sie sich beide immer in München gewünscht.

Wieso sollte man unbedingt bei euch vorbeischauen?

Man kann nie wissen, zu welcher Atmosphäre der Ort heute changiert – welche Leute er anlockt und in ein Gespräch verwickelt. Wer unerwartete Begegnungen sucht, wird sie hier finden.

Wird es bald noch andere Projekte von euch geben?

Derzeit sind auf dieses Projekt fokussiert, wobei es von Anfang an als Exempel für andere potentielle Raumaneignungen dienen sollte. Unsere Augen suchen stets bewusst und unbewusst nach neuen „Lücken”. Dabei ist unser Begriff „Lückenfülle” nicht an eine verlassene Bauruine gebunden, sondern meint auch die theoretische Lücke zwischen den aneinander vorbeilaufenden Bewohnern Münchens. Wie können andere ortsunabhängige Schnittstellen geschaffen werden? Wir würden uns freuen, wenn unser Projekt als Katalysator für ein persönlicheres München agieren kann.

 

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