Kultur

Ich warte, bis Polanski anruft

Thomas Steierer

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Außergewöhnlich opulent arrangierte Hymnen, atmosphärisch elektrisierend zwischen den Polen Melancholie und Hoffnung oszillierend. Sie haben Konstantin Gropper und seinem Musikprojekt „Get Well Soon“  Lorbeeren der internationalen Musikpresse, eine Einladung zum legendären Glastonbury Festival, Charterfolge und Touren durch Europa eingebracht. Am 24. August erscheint mit „The scarlet beast o`seven heads“ (City Slang) das dritte Album von „Get Well Soon“. Vor dem Konzert in München am 17. September in der Theaterfabrik spricht GWS-Mastermind Konstantin Gropper im Interview über Erwartungshaltung nach dem Hype, das neue Album und seinen bevorstehenden 30. Geburtstag.

Einladung zum Glastonbury Festival, gefeiert von der internationalen Musikpresse als „German Wunderkind“, Charterfolge, Touren durch Europa: War es schwierig, nach dem Hype, der mit dem ersten Album „Rest now weary head. Get well soon!“ begann, sich von der Erwartungshaltung nicht aus dem Konzept bringen zu lassen und wie ist das gelungen?
Ich würde lügen, wenn ich sagte ich könnte ohne jeglichen Erwartungsdruck arbeiten. So ein Album anzufangen kostet da schon immer etwas Überwindung. Aber Erwartungshaltungen zu erfüllen sehe ich nicht als künstlerische Aufgabe. Selbst wenn ich das wollte, könnte ich es nicht. Da kann ich mir noch so den Kopf zerbrechen, wie soll ich wissen, was mein Publikum von mir erwartet? Ich bin da auf mich selbst angewiesen. Ich mache, worauf ich Lust habe und wenn es noch ein paar Andere interessiert ist es schön. Aber es wird auch immer viele nicht interessieren und vielleicht werde ich auch enttäuschen. Aber davon muss man sich so gut es eben geht frei machen.

Was war der krasseste Hype-Moment?
Für mich war es grundsätzlich eine komplett neue Erfahrung, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich glaube, so richtig realisiert habe ich das erst, als unsere erste Tour losging und wir direkt beim ersten Konzert vor ausverkauftem Haus spielten. Das war schon ein seltsamer Moment. Aber natürlich auch großartig.

Alles wieder auf Anfang: Wie sahen Herangehensweise und Vorlauf zum dritten Get-Well-Soon-Album aus, gab es diesbezüglich Unterschiede zu den beiden Vorgängeralben?
Eigentlich ist das dritte Album fast gleich entstanden, wie das zweite. Nur dass meine Soundvorstellung diesmal keine ganz so große Orchestrierung vorsah. Ca. 80 Prozent der Alben entstehen immer noch als Homerecording und im Alleingang. Erst sehr spät präsentiere ich das Material dann meinen Musikern, die dann das, was ich programmiert habe, mit echten Instrumenten ersetzen.

Nach einer Art Jahrmarktszenerie mit Persönlichkeiten wie dem Regisseur Werner Herzog und Philosophen wie Sencea samt Stoizismus, die etwa im Vorgängeralbum „Vexations“ als referenzieller Unterbau dienen: Was ist diesmal der „Themenpark“, gibt es zentrale Aussagen, die hinter „The scarlet beast o`seven heads“ stecken?
Ich glaube, dass dieses Album mein persönlichstes geworden ist. Mir ist hinterher aufgefallen, dass ich sehr viel öfter in der ersten Person singe als zuvor. Musikalisch ist das definitv mein Filmalbum geworden. Es gibt darin sehr viele konkrete Soundtrack Referenzen und mehr denn je habe ich versucht mit der Musik Bilder und Szenen zu erschaffen. Die können natürlich bei jedem Hörer anders sein, da will ich nichts vorgeben. Ein paar konkrete Personen kommen auch wieder vor, wobei ich mich derer Biographien immer schon als Metapher bedient habe. Diese Herangehensweise finde ich einfach sehr spannend.

Ist bereits abzusehen, ob, wo und wie dein 30. Geburtstag Ende September gefeiert wird?
Ich feiere meine Geburtstage grundsätzlich nicht. Da mache ich auch bei den runden keine Ausnahme. Ich habe da auch kein Verhältnis zu meinem Alter. Mir ist das einfach ziemlich egal.

Vor dem  runden Geburtstag eine Art Standortbestimmung: Was bedeutet Musik für dich, wer hat dich besonders geprägt?
Ich mache das, was ich am liebsten tue und vielleicht auch am besten kann. Dafür bin ich sehr dankbar. Vor allem dafür, dass es immer wieder Menschen gibt, die an mich und das was ich mache, glauben. Musik war für mich immer Thema Nummer 1. Seit ich denken kann. Die prägende Rolle steht da also meinen Eltern zu. Musik ist zu meinem Ausdrucksmittel geworden. Ohne kann ich nicht.

Wie wäre wohl Deine eigene musikalische Sozialisation ohne Musikfamilie und Pop-Akademie verlaufen? Anders gefragt: Wie wichtig war dies für Get Well Soon?
Für GWS war sicher wichtig, dass es so viele verschiedene musikalische Einflüsse für mich gab. Von einer rein klassisch geprägten Kindheit bis zur Pop-Akademie. Ich glaube aber auch, dass ich auch so früher oder später als Musik für mich entdeckt hätte. Das ist ja schon fast eine philosophische Frage. Oder eine Schicksalsfrage. Da wage ich mich nicht ran. Ich bin jedenfalls froh, dass es so gelaufen ist.

Gab es bisweilen Gegenwind, Zweifel an der Karriere als Berufsmusiker und wie konnten diese überwunden werden?
Also an eine Karriere als Berufsmusiker glaube ich selbst noch nicht so lange. Ich habe da nie alles auf diese Karte gesetzt. Vielleicht weil ich Schwabe bin. Ich hatte einfach Glück, dass es so schnell geklappt hat. Ich hätte nicht das nötige Selbstvertrauen, ein Leben lang einem Traum hinterherzulaufen. Wie gesagt, ich hatte einfach großes Glück.

Welche Highlights, Tiefpunkte sind bislang besonders in Erinnerung?
Ich bin in meiner ja noch recht kurzen Karriere eigentlich ziemlich verwöhnt. Tiefpunkte fallen mir da nicht viele ein. Das wird natürlich nicht ewig so weiter gehen. Ein Highlight ist dagegen jedes Mal, wenn mir jemand Vertrauen in meine künstlerische Arbeit entgegen bringt. Seien es Plattenfirmen, Regisseure oder andere Künstler.

Von Schwaben, Erolzheim, ging es über die Pop-Akademie in Mannheim nach Berlin und inzwischen wieder zurück nach Mannheim. Waren es und wenn ja, warum waren dies jeweils die richtigen Stationen zur richtigen Zeit?
Wie gesagt, ich kann bisher nicht klagen, deshalb gehe ich mal davon aus, dass es die richtigen Stationen waren. Ich halte es für ein großes Glück „vom Land“ zu stammen. Ich kann nicht genau sagen warum, aber es ist so. In Mannheim konnte ich ungestört Musik machen – wäre das nicht gewesen, gäbe es kein GWS. Und Berlin ist wahrscheinlich schon wichtig, um sich am Anfang einer Karriere zu profilieren – so blöd das klingt. Aber ich habe dort schon enorm wichtige Kontakte knüpfen können.

Welche Bedeutung für Get Well Soon hat die Band um Konstantin Gropper, bestehend aus Familie und Freunden?
Ich glaube, wenn es nicht Familie und Freunde wären, wäre auch das Touren für mich unmöglich. Das klingt vielleicht kitschig, aber um sich auf eine Bühne, vor ein Publikum zu stellen, brauche ich diesen emotionalen Rückhalt. Mal davon abgesehen, dass man es wochenlang auf engstem Raum miteinander aushalten muss.

Zukünftige Projekte: Gibt es Pläne für weitere Zusammenarbeit mit anderen Musikern/Bands oder wie zuletzt verstärkt für Filmmusikauftragsarbeiten, was schätzt Du an letzteren, mit wem/ für wen würdest Du gerne arbeiten?
Aktuell arbeite ich an meinem ersten Theater-Projekt für das Schauspiel Frankfurt. Es wird eine Art Singspiel-Fassung von Bulgakows „Der Meister und Margaritha“. Im Dezember ist Premiere. Dazwischen sind wir ja noch ausgiebig auf Tour. Mein Jahr ist also voll. Und auch für nächstes Jahr sind schon ein paar spannende Kollaborationen in Planung. Allerdings noch nichts Spruchreifes. Ich werde sicher weiterhin Filmmusik machen. Es ist eine großartige Arbeit und auch schon immer ein Traum von mir gewesen. Ich hoffe, ich bekomme da weiterhin spannende Projekte angeboten. Die Liste meiner Wunschregisseure ist zwar lang, aber ich will ja auch nicht vermessen klingen.
Deshalb nenne ich keine Namen und warte bis Polanski anruft.

Get Well Soon am 17. September in der Theaterfabrik, Karten kosten etwa 24 Euro.

Foto: Simon Gallus

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