Kultur, Nach(t)kritik
Ständiges München – Nachtszenen aus der Nachkriegszeit
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Als Homosexualität noch verboten war, als in der Herbertstraße gerade Frauen und Kindern der Zutritt verwehrt wurde, als die Halbstarken in die Schule kamen – da gab es in München schon Sex, Schlägereien und Schampus. Al Herbs neuer Bilband “Sündiges München” bekämpft einen Mythos…
Der Fotograf kämpft mit seinen Bildern gegen das mythisch überladene Vorurteil vom spießigen München der Nachkriegszeit. Das Gastspiel des Pariser Lido im Deutschen Theater im Jahr 1958 ist dabei genauso ein Beweismittel wie viele Bilder von abgefeierten Münchnern, die, wie es scheint, zur Adenauerzeit in jedem Winkel der Stadt geschlafen haben. Al Herb, der 1951 seine erste Kamera kaufte, zeigt München bei Nacht zu einer Zeit, als es noch keine Sprrbezirke gab. Dabei fallen zwischen den heiteren und sündigen Szenen immer wieder traurige, ernste Fotos auf. Sie zeigen die Schattenseiten der Stadt der 50er, 60er und 70er.
Heute lebt Al Herb im Münchner Westen, fotografiert nur noch privat. Er hat aufgehört das Nachtleben an der Isar zu dokumentieren, als sich in den 70er Jahren die Szene veränderte: Als die Nachtclubs schließen mussten. Als die Stripclub-Besitzer mäßig begabte Tänzerinnen engagierten. Als die Preise stiegen. Aus seinen Archiven hat er einen wunderbaren Bildband zusammengestellt, der das Vorurteil der dunklen Nachkriegsjahre widerlegt.
Al Herb: “Sündiges München. Nachtszenen aus der Nachkriegszeit” (Hirschkäfer Verlag)
1954: Schlägerei in der Goethestraße
1959: Tänzerin im “Petit Tabaris” am Stachus
1965: Rock’n’Roll-Wettbewerb in der “Havana Bar” in der Goethestraße
1960: Nonnen in Neuhauser Straße
1973: Schlafender Oktoberfestbesucher am Hauptbahnhof
1976: Magda Meyer im “Moulin Rouge” in der Herzogspitalstraße
(Alle Fotos entstammen dem Al Herb-Bildband “Sündiges München. Nachtszenen aus der Nachkriegszeit” (168 Seiten), der 2009 im Hirschkäfer Verlag erschienen ist und 28 Euro kostet.)
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