Leben

“Ich bemerke den Rand”

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Marlene Halser, 32, lebt in Jaffa-Tel Aviv. Sie berichtet als freie Journalistin über die “Sidestories” aus dem Nahen Osten. Ihr Blog randbemerkerin.de verschafft seltene Einblicke in die israelische Gesellschaft. Ein Interview.

marlene

mucbook: Du kommst aus München und lebst jetzt in Israel. War das ein guter Tausch?
Marlene: Auf jeden Fall! In Tel Aviv ist fast das ganze Jahr über Sommer, während man in München nicht mal im August auf schönes Wetter bauen kann. Und Tel Aviv liegt am Meer. Wenn ich zwischen Bergen und Strand wählen muss, würde ich mich immer für den Strand entscheiden. Tel Aviv hat genau die richtige Mischung aus Europa und Nahem Osten. Das macht das Leben dort vertraut und spannend zugleich.

Was machst Du da, was Du hier nicht machen kannst?
Ich berichte als freie Journalistin aus Israel und den besetzten Gebieten und kann mir vor Ort alles ansehen und mit den entsprechenden Leuten sprechen.

Wann bist Du auf die Idee gekommen, Deinen Blog randbemerkerin.de zu machen?
Ich wollte meine Zeit in Israel dokumentieren, mit einem Videotagebuch, Bildern und meinen Artikeln. Außerdem möchte ich meine Arbeit als Gesamtkonzept für alle, die es interessiert, zugänglich machen. Ein einzelner Artikel steht für sich alleine. Alle wichtigen Artikel in der Gesamtschau zeigen jedoch – so hoffe ich – den journalistischen Ansatz, der dahinter steckt.

Was ist das Ziel des Blogs und welche Leser möchtest Du erreichen?
Mein Blog soll alle Menschen ansprechen, die sich für Israel interessieren und Informationen suchen, die über die täglichen Nachrichtenmeldungen hinaus gehen. In meinen Artikeln geht es immer um Menschen und nicht um Politiker. Mich interessiert, wie die Menschen hier leben, was sie bewegt und welche Rollen sie im Nahostkonflikt und innerhalb der stark gespaltenen israelischen Gesellschaft einnehmen.

Warum eigentlich „Randbemerkerin“?
Ich berichte über Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Als Randbemerkerin interessieren mich subkulturelle Phänomene und Sidestorys, die das vermeintliche Hauptgeschehen ergänzen. Meine journalistische Nische, wenn man so will, ist nicht die offensichtliche Politik der offiziellen Akteure, sondern sind die Geschichten derer, die sich erst Gehör verschaffen müssen, oder die eigentlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit agieren. Ich bemerke den Rand.

Wann kommst Du mal wieder nach München?
Ende September. Dann war ich ein Jahr in Israel und werde versuchen, meine Arbeit als freie Journalistin in Deutschland nach dem gleichen Konzept fortzusetzen.

Und wann gehst Du dann wieder?
Das steht noch nicht fest. Aber ich denke, früher oder später wird mich das Fernweh wieder packen. Ich glaube, ich bin nicht für die Sesshaftigkeit geschaffen.

Marlene Halser schreibt unter anderem für die taz, die Süddeutsche Zeitung, jetzt.de und Zeit Online. Ihre Beiträge aus dem Nahen Osten finden sich auf der Seite randbemerkerin.de.