Kultur

Analog ist digital besser

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Caribou verwirrten bei ihrem Auftritt im Feierwerk am Montag  alle Unterscheidungen zwischen Club und Bühne.

caribou

Vielleicht sollte man zunächst mal das Feierwerk für dessen hervorragendes Booking loben. Neben den ganzen Münchner Bands, die ohne das Feierwerk ihre Hörer wahrscheinlich nur von Myspace kennen würden, spielen dort immer genau die Bands, die für das Atomic Café zu unindie-ig und für alle größeren Hallen zu wenig massentauglich sind. Zuletzt zum Beispiel Deerhunter, Beach House oder, wie am vergangenen Montag, die Kanadier von Caribou. Vielleicht sollte man sich aber vielmehr fragen, was eine Band, die die Hälfte ihres Sets in der klassischsten aller Band-Besetzungen spielt (Gitarre, Gitarre, Bass, Schlagzeug) in einer von einem Mobilfunkanbieter gepowerten Konzertreihe mit dem Titel „Electronic Beats“ verloren hat.

Das ist sozusagen die Krux mit Caribou, und gleichzeitig das ganz Großartige dieser Band: Man ist sich, gerade und besonders live, nie ganz sicher ob man gerade mitten in ein DJ-Set oder in einen Live-Gig hineingeraten ist, oder ob das was man da zu hören bekommt, nun eher der Logik eines Tracks oder eines Songs folgt. Caribou ist auf absolut verblüffende Art beides, aber nicht beides abwechselnd, sondern beides zugleich. Genremäßig ist Caribou eine Mischung aus Techno, Postrock, Krautrock, avantgardistischem Noise- und Wall-of-Sound-Lärm, Weird-Folk mit Blockflöten und lupenreinstem Pop mit zweistimmigen Gesangslinien – und es ist verblüffend, dass diese Balance auch live nicht zu einer der Komponenten hin aufgelöst wird. Zwischen den Liedern spielen sie manchmal Übergänge, weniger von der Art, wie sie vielleicht in einer Jamsession stattfinden, sondern eher so, dass man eigentlich denken muss, dass das eigentlich nur ein DJ mit zwei Plattenspielern hinbekommen kann.

Während von Bands meistens Samples als eine Art technisches Surplus dazukommen, ist bei Caribou in der Regel nie ganz klar, was jetzt Gitarrenfeedback oder Sample ist, was Schlagzeug oder was Drumpad ist. Wichtigstes Element ist aber tatsächlich der Beat, vulgo das Schlagzeug (bei ihrer letzten Tour traten Caribou konsequent mit zwei Schlagzeugen auf, die Drummer saßen Rücken an Rücken am vorderen Bühnenrand, dort wo eigentlich der Sänger stehen sollte), wobei hier auch galt: eigentlich überhaupt nicht das technoid-repetitive Gestampfe, sondern eher Jazz-Getrommel, aber trotzdem irgendwie mehr Techno.

Alles in allem also eine etwas kurze, dafür umso lautere Verwirrung sämtlicher Digital-Analog-Kategorien.

Nur eine einzige unschöne Störung gab es: Während alle fröhlich tanzten und lauschten, drängelte mitten im Konzert eine Horde angeheuerter Promoter ins Publikum, hielten alle nahezu synchron die identischen Smartphones in die Luft und filmten ab, die Clips stehen jetzt wahrscheinlich mit dem Namen des Mobilfunkanbieter auf Youtube, und man selbst fühlte sich entweder gestört oder eben auch in seinem Lauschen und Tanzen ziemlich instrumentalisiert.