Leben

Baycelona in der Champions League

Sebastian Gierke
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Heute Abend ist es soweit: Der FC Bayern spielt im Achtelfinale der Champions League gegen den AC Florenz. Doch über den Gegner spricht kaum einer bei den Bayern. Dort vergleicht man sich lieber mit dem FC Barcelona. Beim FC Bayern München ärgert man sich. Über eine Respektlosigkeit. Man hat sich beim AC Florenz sogar entschuldigt. Dabei können die Bayern gar nichts dafür. Eine Boulevardzeitung hatte vor dem Champions League-Achtelfinale gegen die Italiener getitelt: „Robben spricht von 6:0.“ Das stimmt zwar, doch der Niederländer hatte nur gewitzelt, von seinem Traumergebnis gesprochen.

Dabei ist es schon erstaunlich, wie wenig die Bayern-Spieler vor dem Spiel von ihrem Gegner sprechen. Es geht meist um die eigene Stärke und Stabilität. Florenz? Fast könnte man glauben, die Bayern würden die Italiener nur als Durchgangsstation betrachten – natürlich ohne respektlos zu sein. „Wir wollen jetzt erstmal weiterkommen, die Chance ist da.“ Das sagt Philipp Lahm. Und schiebt ganz selbstverständlich hinterher: „Danach kommt es ja auch darauf an, wen man zugelost bekommt.“ Und dass Mark van Bommel von einem Journalisten sogar gefragt wird, warum Bayern München in diesem Jahr die Champions League gewinnt, sagt auch viel über die derzeitige Stimmung in München aus. Der Bayern Kapitän antwortet: „Das klingt, als wäre der Sieg garantiert. Es ist noch lange nicht soweit. Garantien kriegt man nur auf Waschmaschinen.“ Und dann schiebt er ganz selbstverständlich hinterher: „Wir sind ein gefährlicher Außenseiter. Auch bei Barcelona 2006 hatten wir nicht das Gefühl, dass wir die Champions League gewinnen können. Das ist gewachsen im Laufe der Saison. Irgendwann waren wir fast unschlagbar. Ich will nicht sagen, dass wir mit Bayern München die Champions League gewinnen. Aber auch hier in München entsteht etwas Großes.“ Ãœberhaupt, der FC Barcelona. Viel mehr als von Florenz sprechen die Bayern-Spieler dieser Tage von den Katalanen, die sie in der letzten Saison gedemütigt hatten. Nein, man wolle sich natürlich nicht vergleichen. Dennoch: „Wir kopieren Barcelona zwar nicht. Aber es ist auch unsere Philosophie, das Spiel zu bestimmen und zu dominieren, mit viel Ballbesitz. Barca ist das Ideal”, sagt Mario Gomez. Und Lahm, für den ein Wechsel nach Barcelona „im Moment erledigt“ ist, glaubt: „Wir haben einen großen Schritt aufgeholt. Noch klafft ein Abstand.“ Noch. „Kommende Saison können wir schon als Mitfavorit gelten, in dieser ist das Halbfinale drin.“

Wer auf den Spuren des FC Barcelona wandelt, den sollte, nein, den wird der aktuell Tabellen-Elfte der italienischen Serie A nicht aufhalten, davon sind sie dieser Tage beim FC Bayern überzeugt. Nicht bei dieser offensiven Urgewalt. Mit Robben, mit Ribéry, mit Gomez, mit Müller. Doch zuletzt ist die Balance zwischen Offensive und Abwehr etwas verloren gegangen, mit Ribéry und Robben, die ungezügelt nach vorne stürmten und aus dem angedachten 4-4-2 ein 4-2-4 machten. Das Spiel gegen Florenz ist die erste internationale Belastungsprobe für die neue Bayern-Statik. Und noch weiß keiner, ob die Offensive auch auf der großen Bühne den Ausschlag geben kann, oder die Verwundbarkeit in der Abwehr zum unlösbaren Problem wird. „Barcelona hat mit sechs offensiven Leuten zweimal die Champions League gewonnen“, sagt Mario Gomez.

Louis van Gaal wäre jedenfalls schon mit einem 1:0 zufrieden. Denn: „Florenz ist ein sehr starker Gegner“. Der Bayern-Trainer, als einziger, spricht viel über die Italiener. Er weiß aus der jüngsten Vergangenheit, wie schnell sich der Wind drehen kann. Im Dezember letztes Jahr fuhren angeschlagene Bayern nach Italien – und kamen wie verwandelt zurück. Jetzt kommen angeschlagene Italiener nach München.

Dass seine Mannschaft den AC Florenz unterschätzt, glaubt van Gaal jedenfalls nicht. „Nach unserer Vorbereitung mit vielen Besprechungen können wir den Gegner nicht mehr unterschätzen.“ Und wenn alles normal läuft, dann müsste seine Mannschaft weiterkommen. „Aber da gibt es viele Sachen, die ein Trainer nicht kontrollieren kann.“ Was van Gaal meint? „Den Schiedsrichter, oder das Wetter.“ Er meint es nicht respektlos.

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