
tagebook von blickfang
Blickfang Design Messe – Für Individualisten
- Blickfang Design Messe – Für Individualisten - 21. März 2015
- Alles im Blick – blickfang Designmesse - 6. März 2015
Das Designmekka ist weitergezogen. Die blickfang gastiert dieses Wochenende in Stuttgart. Zeit für uns zurückzublicken auf die blickfang in München. Mit nur etwas mehr als 7.000 Besuchern bleibt die Messe hinter den Erwartungen zurück. Dies mag vor allem mit dem abseits gelegenen Zenith zu tun haben (eine Antwort die wir in den letzten Tagen oft bekommen haben, wenn wir jemand fragten ‘Warst du auf der blickfang ‘). Dennoch ziehen die Veranstalter ein positives Fazit. Ausserdem sagen wir euch noch wer den MINI Designpreis dieses Jahr mit nach Hause nehmen durfte.
Spielt individuelles Design wieder ein größere Rolle? Sind die Leute müde vom Einheitsbrei a la H&M, Ikea und co.? Eine Frage die wir oft gestellt haben letztes Wochenende, dabei sind sich sowohl Veranstalter und Designer einig – Ja!
Das verwundert auf den ersten Blick nicht, wer will schon seine eigene Branche klein reden. Wenngleich die blickfang nicht an den Besucherrekord des letzten Jahres anknüpfen konnte. Es war mächtig was los!
Der Trend ist nicht nur in der Design Branche zu beobachten. Große Ketten haben es heutzutage schwer neue Kunden zu gewinnen. McDonalds in der Krise!
Viel wird selber gebastelt. Die passenden Anleitungen bietet das Internet. Eine alte Weinkiste wird so schnell zur Deckenlampe umfunktioniert. Mitunter findet man Läden, in denen das dann für 200 Euro angeboten wird. Hier greifen viele doch lieber selber zum Werkzeug. Für alle, die das nicht können und über das nötige ‘Kleingeld’ verfügen, bietet die blickfang die ideale Plattform, um sich mit innovativen Möbeln, Schmuck und Fashion einzudecken.
Wir haben uns blickfang Geschäftsführerin Jennifer Reaves, sowie die Kuratoren des Jahres Carole Baijings und Stefan Scholten geschnappt und für euch interviewt.
Mucbook: Letztes Jahr gastierte die Blickfang noch im Postpalast. Wegen des Besucherandrangs seit ihr in eine größere Location umgezogen. Zufrieden mit dem Zenith?
Jennifer: Überraschend zufrieden. Ich habe Angst gehabt, da der Postpalast eine sehr geile Location ist. Der Andrang im ersten Jahr war dann aber doch mit 10.000 Besuchern so überwältigend, dass wir uns entschlossen haben schon im zweiten Jahr kräftig zu wachsen. Leider war der Sonntag letztes Jahr so überlaufen, dass weder die Designer, noch die Besucher wirklich Spass hatten.
Mucbook: Furniture or Fashion?
Jennifer: Furniture!
Mucbook: Warum?
Jennifer: Weil ich älter geworden bin (lacht). Früher war auf jeden Fall Fashion mein Lieblingsbereich, aber wenn man anfängt sein eigenes Heim einzurichten, rückt dieser Aspekt mehr in den Fokus. Das ist natürlich auch von einem gewissen Budget abhängig. Da ich im Bereich Mode sehr abseits vom Trend einkaufe, dauert es bei mir etwas länger, bis ich etwas finde.
Mucbook: Es gibt immer mehr Formate wie die blickfang. Hast du nach sechzehn Jahren blickfang das Gefühl, dass die Leute wieder mehr Wert auf individuelles Design legen?
Jennifer: Der Trend ist auf jeden Fall erkennbar. Davon profitieren wir alle in der Branche. Ich würde aber nicht sagen, dass die blickfang WIE andere Formate ist. Wir unterscheiden uns dadurch, dass wir sehr hohe Ansprüche an Qualität und Design setzen. Als kuratierte Ausstellung setzen wir Maßstäbe, die in der Branche einzigartig sind und den besonderen Reiz der blickfang ausmachen. Jeder Designer, der sich hier präsentiert, wurde vorher von einer professionellen Jury ausgewählt.
Mucbook: Die Produkte auf der blickfang sind meist im oberen Segment angesiedelt. Wendet ihr euch speziell an eine solvente Zielgruppe?
Jennifer: Das blickfang Preis Level ist sicher etwas anderes. Das muss man ganz ehrlich sagen. Die Produkte die wir zeigen, kommen aus Kleinst- und Kleinserien, die Materialien werden regional bezogen, die Produktion findet in Europa statt. Hier hängen eine Menge von Faktoren an, die am Ende die Wertigkeit dieser Produkte zum Ausdruck bringen.
Mucbook: Welche Kriterien spielen bei der Auswahl der Designer eine Rolle?
Jennifer: Viel hat mit dem Bauchgefühl zu tun, wir sind allerdings auch nur Menschen. Die blickfang Macher gehören selbst zu Ihren besten Kunden. Mein Mann hat immer Angst vor der blickfang Saison, weil wir danach regelmäßig Pleite sind (lacht).
Auf jeden Fall müssen die Produkte neu, frisch und innovativ sein. Plagiate lehnen wir grundsätzlich ab und die Designer müssen unabhängig sein. Was man auf der blickfang sieht, findet man nicht in den typischen Designgeschäften in Großstädten, die meist einen langweiligen Einheitsbrei anbieten. Hier bildet die blickfang einen Gegenpol.
Mucbook: Gibt es einen Designer, der durch die blickfang richtig bekannt geworden ist?
Jennifer: Kann man so nicht sagen. Wir sind keine Plattform, die Karl Lagerfelds hervorbringt. Man ist immer wieder überrascht wie viele Produkte es da draußen gibt, die von unabhängigen Designern hergestellt werden. Würde man die Leute fragen, wer das designed hat, wüssten dies die Wenigsten, weil eventuell auch das Interesse für diese Dinge fehlt. Wir sind ja nach wie vor eine Nischen Messe, nicht jeder interessiert sich für die blickfang, das ist auch völlig in Ordnung. Da nicht jeder einen Flagship Store auf der Maximiliansstrasse haben kann, werden viele der Designer niemals Bekanntheit erreichen.
Hier das Interview mit den Kuratoren des Jahres Carole Baijings und Stefan Scholten.
Mucbook: Furniture or Fashion?
Baijings&Scholten: Beides! Fashion ist Dekoration für den Körper.
Mucbook: Hätten Sie in Ihrer Anfangszeit von einem Format wie der blickfang profitiert?
B&S: Das hätte uns schon sehr geholfen. Wir mussten alles selber machen, sind z.B. nach Mailand gefahren, um unsere Produkte an den Mann zu bringen. Zu dieser Zeit waren Messen wie diese noch nicht so verbreitet und es daher schwer ein Geschäft aufzubauen, ohne Infrastruktur großer Unternehmen. Dies bietet die blickfang, eine Plattform für unabhängige Designer!
Mucbook: Was gefällt Ihnen am besten an der blickfang?
B&S: Das man sich als selbstproduzierender Designer einem breiten Publikum präsentieren kann. Viele Designer sind sicherlich darauf aus, bei großen Unternehmen zu arbeiten und bekannt zu werden. Dies ist in der Branche allerdings sehr schwierig – als selbstproduzierender Designer um so mehr – hier ist die blickfang ein sehr ehrliches Format, weil am ende der Konsument entscheidet welches Design durchfällt und welches nicht. Es verbindet den Designer mit dem Konsumenten und schafft Produkte, die den Geschmack der Leute treffen.
Mucbook: Welche Kriterien legen Sie für die Auswahl der Designer fest?
B&S: Wir sind zwar die Kuratoren des Jahres, sehen uns selber aber als Botschafter der blickfang. In den eigentlichen Auswahlprozess waren wir nicht involviert, haben lediglich zwei Designer für blickfang selected nominiert.
Als Teil einer Jury ist es uns besonders wichtig jeden persönlich zu sprechen, um ein Gefühl für die Leute zu bekommen. Was ist ihr Hintergrund, warum designen sie, welche Methoden verwenden sie, wie lang sind sie im Geschäft. Dies ist uns wesentlich wichtiger, als nur das Produkt isoliert zu betrachten.
Mucbook: Denken Sie, dass individuelles Design eine größere Rolle spielt als noch vor zehn Jahren?
B&S: Wir denken, da hat sich mittlerweile eine Gruppendynamik entwickelt. Unabhängige Designer schliessen sich zusammen, um ihre Produkte besser zu vermarkten. Das hat natürlich damit zu tun, dass der Markt wächst und die Leute mehr wert auf individuelles Design legen.
Die Designer mit denen wir sprachen waren alle einer Meinung – die blickfang liegt voll im Trend!
Neue Designer gibt es wie Sand am Meer, wie also aus der Masse hervorstechen? Individuelles Design, außergewöhnliche Materialien und ein ganz eigener Style, sind die am häufigsten genannten Kriterien.
Der Münchner Designer Hannes Roether lässt sich zum Beispiel von Arbeitskleidung inspirieren.
Die Taschen von Zirkeltraining lassen die mehr oder weniger positiven Erinnerungen an den Sportunterricht wieder hochkommen.
Regale zum Falten. Woran der Kurator des letzten Jahres, Sebastian Wrong und sein Design Team scheiterten (ein faltbares Regal zu bauen), schaffte der Münchner Quereinsteiger Jonas Schröder mit seinem faltbaren Regal.
Bleibt noch die Vergabe des MINI Designpreises zu klären. Kunstediteur und Designer Jörg Schellmann, zusammen mit den blickfang Kuratoren des Jahres, dem renommierten niederländischen Designerduo Scholten & Baijings, sowie Percy Thonet vom gleichnamigen, traditionsreichen Möbelunternehmen verbrachten den gesamten Freitag auf der Messe, um nach den besten Designern Ausschau zu halten. Es galt, für den auf 3.000 Euro dotierten MINI Designpreis je einen Sieger der Kategorie „Möbel & Produkt“ sowie „Mode & Schmuck“ zu finden. Da die Juroren jedoch nicht nur exzellentes Möbel- beziehungsweise Modedesign entdeckten, sondern auch ein Label, dessen Kollektion sich in keine Kategorie ordnen ließ, teilte sie den Preis kurzerhand durch drei. In der MINI Designpreis Kategorie „Möbel & Mode“ gewann der ausziehbaren Tisch von Lignum Arts, in der Kategorie „Mode & Schmuck“ die Stuttgarter Modeschöpferin k.makarova und in der extra geschaffenen Kategorie „Well being design“ die Raumduftkollektion von Aoiro.
Nähere Informationen finden Sie hier.
Abschliessend lässt sich sagen, dass die Zukunft ein wenig bunter aussehen dürfte. Waren von der Stange, sowie Produkte aus Ausbeuter Betrieben am Ende der Welt wird es weiterhin geben. Am Ende entscheidet der Konsument, was sich am Markt durchsetzt. Es ist jedoch schön zu sehen, dass Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle spielt. Egal in welchem Bereich, ob Gastronomie, Fashion oder Möbeldesign, der Mensch bricht aus, aus bisherigen Denkmustern. Die Generation Y, geprägt von den Vorstellungen ihrer Eltern, entdeckt eine neue Facette des Seins in seiner Individualität.
Ihr habt noch nicht genug von der blickfang und seit gerne unterwegs? Hier die weiteren Stationen:
blickfang Stuttgart | 20 | 21 | 22 März 2015 | ||
blickfang Basel | 24 | 25 | 26 April 2015 | ||
blickfang Wien | 30 | 31 | 01 Okt/Nov 2015 | ||
blickfang Zürich | 20 | 21 | 22 November 2015 |
Alles weitere auf der blickfang Website.
(Bilder von Gloria Grünwald & André Kirberg)
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