Kultur

Diplo vs. Schlachthofbronx

Sebastian Gierke
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diplo

Mit einem Kugelschreiber die Welt ausmalen. Jeden Baum, jeden Ast, jedes Blatt. Jedes Haus, jede Mauer, von innen und außen. Ungefähr von dieser Größe ist die Aufgabe, der sich Diplo seit Jahren stellt. Der Mann sammelt jede Platte, die er bekommen kann, versucht, alles zu hören. Heute ist er in München. Also jetzt. Bald. Zusammen mit der Schlachthofbronx.

Also: Alles hören: Jeden Sound, jeden Beat, jeden Tanz. Egal ob Cumbia aus Kolumbien oder Kwaito aus Südafrika. Oder Norteño aus Mexiko, Kuduro aus Angola, Zouk aus Martinique. Egal ob Soul oder Acid oder Baltimore Club, ob Hip Hop oder House. Oder Landler aus Bayern. Heute ist er in München.

Und so kann es vorkommen, dass die Schlachthofbronx aus München Cumbia sampelt, „G. Rag und die Landlergschwister“ davon mit ihren Blechblasinstrumenten ein Cover machen und Diplo es in Philadelphia auf seine Homepage stellt. Die Pop-Welt ist unfassbar groß. Und doch ist jede noch so abgelegene Ecke mittlerweile gut erreichbar. Die Informations-Netze werden weltweit gesponnen. Jedes Fach des globalen Musikarchivs ist mit einem Mausklick einsehbar. Und so findet die Schlachthofbronx mit ihrem Munich Bass einen Platz auf Mad Decent, dem Label von Wesley Pentz alias DJ Diplo, Neuerfindern von Weltmusik. Der 31-Jährige hat sie von Völkerverständigungs-Plattitüden befreit, vom Image des akustischen Eine-Welt-Ladens. Er hat sie clubtauglich gemacht und ganz nebenbei auch noch Mainstream-Pop und Underground zusammengebracht. R&B-Sängerin Beyoncé zum Beispiel sampelt ihn.

Diplo hebt zeitliche und lokale Bindungen auf, eignet sich Musikstile an, ohne sie zu sehr zu vereinfachen und sich so den Vorwurf der Ausbeutung einzuhandeln. Er bedient sich zwar meist afrodiasporischer Stile, die rumpelnden und selten geraden Beats klingen aber nie klischeehaft eindimensional sondern nach lässiger Vermischung. Sie verweisen mit ihrer extremen Körperlichkeit immer auf den nach Schweiß muffelnden Club. Jetzt holen Schlachthofbronx Diplo in ihr Club-Wohnzimmer, in die Rote Sonne. Über Twitter haben sie ihn schon wissen lassen: „Munich is kinda hyped for the Show!“

Diplo und Schlachthofbronx, 8. September, 22 Uhr in der Roten Sonne.
[Der Artikel ist in ähnlicher Form in der SZ erschienen]

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