Kultur, Live, Nach(t)kritik

Kurzes Vergnügen

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London Grammar
Atomic Café, München, 6. November 2013

Noch vor vier Jahren spielten The XX, die Band also, deren Sound dem von London Grammar am nächsten kommt, in den ähnlich großen Räumen des 59:1, allerdings konnte damals das Publikum dank ausreichender Beinfreiheit noch etwas entspannter mitwippen. Das nun war im restlos ausverkauften Atomic Café kaum mehr möglich.
Der Coolnessfaktor der von der Kritik bejubelten Band war schon komplett durchgeschlagen und so erwartete die drei Twens ein Club, vollgestopft mit neugierigem Szenepublikum, das endlich wissen wollte, ob der Hype, der um ihr erstes Album veranstaltet wurde, auch berechtigt ist. Passenderweise heißt das Debüt “If You Wait”, was man gern programmatisch verstehen durfte – warten musste man wirklich einige Zeit, ehe sich das Trio um Sängerin Hannah Reid mit verhuschtem Lächeln vor den Glitzervorhang traute.

Auch das wäre kein Problem gewesen, wenn nicht die Deckenbeleuchtung nach einer knappen Stunde schon wieder angegangen wäre – ein sehr kurzes Vergnügen also. Dennoch: Der Umstand, dass das Publikum den meistenteils besinnlich-schummrigen, gedämpften Synthienummern derart gebannt lauschte, lässt auf gehörigen Respekt auf der einen und unstrittige Qualität auf der anderen Seite schließen. Geführt von der seltsam rauen und markanten Stimme Reids, wurden die bekanntesten Stücke wie “Sights”, “Wasting My Young Years”, “Metal & Dust” und “Strong” raumgreifend und anrührend in Szene gesetzt – die angestrengte Stirnfalte der Sängerin wich in den Pausen einem sympathischen Plauderton, der Keyboarder Dot Major gab sich als launiger Münchenliebhaber zu erkennen und selbst Gitarrist Dan Rothman ließ sich ab und an zu einem verstohlenen Lächeln hinreißen.

Es waren also nicht nur kurze, sondern auch kurzweilige sechzig Minuten – die Wahl zum Publikumsliebling (der Band) und ein kleines Geburtstagsständchen für den Tourmanager gaben dem Ganzen fast etwas familiäres, und wenn die drei da oben dann doch mal etwas schneller und lauter musizierten, so wurde das dankbar aufgenommen. Zum Abschied das zweite Cover des Abends, nach Kavinsky’s wunderbarem “Nightcall” aus dem Soundtrack zu “Drive” ein nicht minder gelungenes “Wicked Game” von Chris Isaak – einmal mehr erweisen sich London Grammar hier als geschmackssicher bei der Auswahl und versiert in der Umsetzung der Interpretation. Das Fazit ist schnell gezogen: Mit etwas mehr Material ließen sich die Konzerte schnell auf die handelsübliche Länge bringen, hätte dies dann noch die Güte des bisherigen – um so besser!