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Meine Halte: Candidplatz – Ein Stück Heimat zwischen Isar und Stadion

Julia Baljan

„Nächster Halt: Candidplatz“ – schon längst haben drei so eigentlich belanglose Worte nicht mehr solch ein Gefühl der Zugehörigkeit in mir auslösen können. Es mag zwar komisch klingen, aber hier – unter dem Lärm der Candidbrücke und der Kombination aus alkoholisierten Fußballfans und der viel zu lauten Playlist des Grünwalder Stadions, die man wahrscheinlich noch weit über Giesing hinweg hören kann (oder muss) – liegt mein kleiner, sicherer Hafen.

Wenn mich jemand vor ein paar Jahren gefragt hätte, wo ich mich zuhause fühle, wären meine Gedanken wohl direkt in den Norden geschossen. Nein, nicht in den Norden Münchens, sondern nach Norddeutschland. Denn dort habe ich den größten Teil meines Lebens verbracht, in einer kleinen Stadt zwischen Nord- und Ostsee. Und ich hätte es mir nicht anders gewünscht. Trotzdem konnte auch ich dem Gefühl nicht entkommen, etwas verpasst zu haben, den Anschluss an die Gruppe versäumt zu haben aufgrund der simplen Tatsache, dass ich nicht hier war. Aber wie so ziemlich alles im Leben, war auch dieser Zustand kein permanenter.

Mein zuverlässiger Gefährte und Ich

 Ob auf dem Weg zur Schule, zur Uni oder zum Treffen mit Freunden, ob bei Regen, Schnee oder Sonnenschein, der Candidplatz ist immer mein Ausgangspunkt und der 54er (und gelegentlich die U1) mein treues Ross. Unzählige Fahrten haben wir bereits miteinander bestritten, unzählige Playlisten gehört. Besonders im Spätsommer, wenn die Blätter sich langsam gold färben und die Sonnenuntergänge immer intensivere Rosarottöne annehmen, fühlt sich die Nachhausefahrt von den Instituten am Englischen Garten, meistens nach einer Vorlesung, wie ein kleiner Urlaub an. Wie es der Zufall so will, überschneidet sich diese Route auch mit der aus meiner Schulzeit. Neuer Lebensabschnitt, alte Strecke. Gar nicht mal so unpraktisch, denn Wiederholungen bilden Gewohnheiten und diese wiederum das Gefühl, zugehörig zu sein.

Ein kleines Stück Natur inmitten des Großstadttrubels

Besonders in mein Gedächtnis verschweißt hat sich der Rosengarten in der Sachsenstraße. Eine zufällige Entdeckung, die sich zu einem meiner Lieblingssommerspots in München entwickelt hat. Eine farbenfrohe Idylle, soweit das Auge reicht, mit vielerlei kleinen Themengärten für die besonders Interessierten unter uns. Mein persönliches Highlight: die Rosenbögen im Herzen des Gartens. Im Anschluss ein Spaziergang an der Isar oder ein Eis bei der Gelateria Dibello und der Tag ist perfekt!

Treffpunkt Giesing

Aber auch innerhalb eines breiteren Radius finden sich kleine, aber feine Schätze, die ich allesamt mit meinem 54er erreichen kann. Da die meisten meiner Freunde nicht allzu weit entfernt wohnen, hat sich das Yen Sushi in der Perlacher Straße als ein beliebter Treffpunkt etabliert. Genauso kann ich das Django’s, das sich nur zwei Straßen weiter befindet, nur empfehlen, denn hier gibt es den meiner Meinung nach besten Döner Münchens. Nicht umsonst reicht die Schlange im Sommer bis auf die Straße und um das Eck.

Home is where your heart is

Wenn mich jetzt jemand fragt, wo ich mich zuhause fühle, kommen mir all diese Orte in den Sinn. Letztendlich sind es die Erinnerungen und die damit einhergehende Nostalgie, die uns an gewisse Orte binden und uns das Gefühl geben, daheim zu sein. Trotzdem habe ich gelernt, mich nie zu sehr an meine Umgebung zu klammern. Wir Menschen sind flexible Wesen, wir passen uns an, wohin wir auch gehen. Genauso verhält es sich mit unseren Gedanken und Gefühlen.

Ich weiß nicht, wo ich in fünf, zehn oder fünfzig Jahren stranden werde, aber was ich weiß, ist: home is where your heart is. Und meins ist, zumindest zurzeit, an meiner Halte: Candidplatz.

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