Kultur

“Pollyester Parking Lot”

Sebastian Gierke
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PPL_flyer_frontAb diesem Freitag bespielen Pollyester und Dompteur Mooner das MaximiliansForum. In den letzten Jahre ist die 26-Jährige eine der umtriebigsten Kulturschaffenden Münchens gewesen und damit zu einer der wichtigsten geworden. mucbook hat sich vor der Eröffnung der Rauminstallation „Pollyester Parking Lot“ mit ihr unterhalten.

Pollyester muss kurz überlegen, wenn man sie fragt, in wie vielen Bands sie im Moment aktiv ist. Es sind vier, oder fünf oder sechs. Schwer zu sagen. Immer entsteht gerade etwas Neues, etwas anderes wird aufgegeben oder auf Eis gelegt. Bei Kammerakino und Munk spielt sie Bass, hat das Duo „Pollyester“ gegründet und die Koshka Valerianka Phantom Band, wurde von Salewski für dessen Live-Band rekrutiert. Sie ist Theater- und Hörspielmusikerin. Und sie hat mit der Zombocombo eine legendäre Partyreihe ins Leben gerufen, die heimatlos geworden ist, nachdem die Registratur schließen musste.

Für zwei Monate kann Pollyester jetzt zusammen mit ihrem Lebensgefährten Emanuel Günther, besser bekannt als Mooner, DJ und Labelbetreiber, das Maximiliansforum, die Fußgängerunterführung an der Kreuzung Maximilianstraße/Altstadtring, bespielen. Sie staunt: „Wir in der Maximiliansstraße. Absurd.“

Sechs Veranstaltungen sind geplant. Ihrer neue Single „German Love Letter“ wird am ersten Abend präsentiert, es gibt eine Schallplatten Cover Ausstellung, die Compilation „Super Motion Disco“ wird vorgestellt, genau wie eine Videoinstallation,  zweimal feiert die Zombocombo (Mottos: Orient Bazar und Roller Derby). Und Das Hörspiel „Botox Dinner“ von Björn Bicker wird am Tag der Ursendung in das Parking Lot übertragen. Natürlich nicht einfach nur so. Pollyester überlegt noch. „Ich würde gerne einen Tisch hinstellen und etwas zu Essen servieren, während die dort von ihren blutigen Schönheitsoperationen erzählen, vom Fettabsaugen. Vielleicht Fingernudeln.“ Und sonst: „Ich bin offen für alles was daraus wird, das liegt nicht in unserer Hand.“

Was war die Idee für Pollyester Parking Lot?

Pollyester: Wir planen eine Rauminstallation,  an der Schnittstelle zwischen Musik, Performance und Bildender Kunst. Dahinter steht die Idee der Gang, im weitesten Sinne. Ich sehen mich da nach etwas total Mystifiziertem. Alles ist so offen und nackt und so auf links gedreht, dass man das Geheimnis kultivieren möchte.

Welches Geheimnis?

Pollyester:Na ja, ich bin extrem lustlos geworden, gelangweilt, was Veranstaltungen angeht, gerade in München. Das ist meist so eindimensional. Wir sind seit Jahren eine Gruppe von Leuten, die immer ganz verschwörerische Ideen entwickelt, oder zumindest in einer Nacht, in der man zusammen getrunken hat, irgendwas ausheckt, was  mehr ist als das Realisieren von einem simplen Konzept. Es hast immer einen zündenden Funken. Mir ist vieles zu einfach. Wenn jemand sagt:  „Ok, ich habe da eine Arbeit gemacht, das zeig ich jetzt“. Das reicht mir nicht. Ich brauche da eine Power dahinter und diese Power ist die Gemeinschaft, die Gang, das was zwischen den Eingeweihten passiert, das macht es aus. Das Produkt ist dann letztendlich fast schon zweitrangig. Die Kraft besteht ja in der Gruppe.

Ist die Aufgabe dann, diese Kraft weiterzugeben an das Publikum?

Pollyester:Die Idee ist schon, dass man das transportiert. Ich glaube aber nicht, dass man da alle mit einbeziehen kann. Nach dem Motto: „Hey, kommt, wir haben alle ein große Party zusammen.“ Das geht nicht. Aber die Frechheit, mit der wir da etwas hinrotzen, mögen die Leute, das wollen sie sehen. Das war auch der Fall bei der Zombocombo. Das hat auch deswegen funktioniert, weil wir was gemacht haben, was sonst niemand macht. Wir ziehen das durch und versuchen es nicht an irgendwas anzugleichen, an irgendwas, was sonst passiert.  Wir machen das auf unsere Art, weil wir das gar nicht anders können. Da wird sich auch nicht verbogen. Das geht nicht. Zumindest in unserer Konstellation.

Was ist die Konstellation?

Pollyester:„Pollyester Parking Lot“ ist von Mooner und mir geplant. Wir haben uns aber Leute, die dazu passen, mit ins Boot geholt. Von der Zombocombo zum Beispiel. Wir haben viele Leute, die über die Jahre zu diesem Zirkel dazu gestoßen sind. Permanent Vacation zum Beispiel , das ist unser Label, und das sind liebe Freunde. Was man im MaximiliansForum sehen kann sind viele Facetten unserer Arbeit, deshalb sind da auch viele Leute involviert, weil wir uns da nicht so festlegen.

Du hast gesagt, du bist gelangweilt von dem was in München passiert. Aber gerade bei Euch passiert doch sehr viel?

Pollyester:Es freut mich, wenn das jemand sagt. Und ich nehme wahr, dass wir doch irgendwie wichtig geworden sind. Das merkt man nicht zuletzt auch daran, dass jetzt auch die Stadt sagt: macht doch mal. In meiner Vorstellung von vor zwei Jahren, hat das diese Leute gar nicht erreicht.

Woran liegt es denn, dass du Dich in München gelangweilt hast?

Pollyester:Man hat schon vieles gesehen, es sind nicht so viele Leute, die Dinge machen, die mich interessieren. Das ist ein relativ enger Kreis. Das sieht man auch an den Bands in unserem Dunstkreis, das sind ja auch verschiedene Kombinationen aus den selben Leuten.

Wirkt das nach außen zu abgeschlossen?

Pollyester:Es kommen einfach wenige von außen dazu. Es passiert auch selten, dass Leute, die sich schon etabliert haben, sagen, jetzt schauen wir uns mal München an. München hat da sowieso eine besondere Stellung in Deutschland. Obwohl südlich und konservativ und so weiter. München hat trotzdem einen besonderen Charme. Und es hat eine lange Geschichte von Discomusik. Das wird auch überall ernst genommen. Und das ist auch einer der Gründe, der uns hier hält. Wir haben schon oft überlegt, wo anders hinzugehen. Doch da war jetzt lange Flaute. Jetzt gerade hört man dauernd von neuen Clubs und man weiß schon gar nicht mehr wohin, weil so ein krasses Überangebot herrscht. Da dematerialisiert man sich ein bisschen. Und das meiste ist irgendwie egal. Ich sehne mich wieder nach etwas, das sich ewig lang aufbaut und dadurch einzigartig ist. Nicht einfach gemacht wird, weil es geht, weil  das den Leuten auch reicht.

Du würdest genre wieder öfter einfach Konsument sein und nicht Macher?

Pollyester: Absolut. Ich würde mich freuen, wenn es da noch mehr gäbe. Grundsätzlich ist halt sehr viel los, aber das Meiste ist so ein bisschen: egal.

Wie ging es eigentlich bei Dir los, mit dem was Du im Moment machst?

Pollyester: Es beginnt eigentlich damit, dass ich persönlich schon immer Schwierigkeiten damit hatte, mich festzulegen. Ohne dann nur an der Oberfläche zu kratzen, das nicht. Ich wollte einfach nicht nur Jazzmusikerin sein. Das habe ich angefangen zu studieren und es nach zweieinhalb Jahren dann gelassen. Es hat mich eingeengt. Dann ging es eben los mit den Bands und den Veranstaltungen. Und daraus entstand eine Suppe aus verschiedenen Dingen, innerhalb derer ich agieren kann,  auf ganz verschiedene Arten: Wo ich Akteur sein kann, wo ich nur Musiker im Hintergrund sein kann, wo ich viel auf der Bühne stehe, was mir eigentlich immer schon wichtig war. Durch das Theater kann ich auch Hörspielmusikerin oder Theatermusikerin sein. Das sind total viele Sachen, zum Glück, die ich machen kann, ohne in einem Feld zu bleiben.

Bist Du viel in Clubs unterwegs?

 Pollyester: Ich möchte in Clubs im Moment eigentlich gar nicht gehen, weil meine Leute da nicht sind. Ich bin da auf einem Rückzugskurs. Das hat mit Alter nichts zu tun. Das ist auch keine Verklärung, nach dem Motto, jetzt mal einen Gang zurück und du hast jetzt auch ein Kind. Es interessiert mich einfach nicht, das was da passiert.

Warum sind deine Leute da nicht mehr?

Pollyester: Bei uns war das schon immer so, dass wir selten als Laufkundschaft irgendwo hingegangen sind, weil wir von Anfang an auf der Seite der Veranstalter gewesen sind. Seit ich 20 bin gingen wir die Clubbesitzer besuchen.

War der Club nie ein kreativer Ort für dich?

Pollyester: Das hab ich erst in dem Moment so empfunden,  als wir unsere Party erfunden  haben. Wir waren so gelangweilt von den ganzen anderen Partys. Auch wenn die Musik super ist und getanzt wird. Aber das reicht mir nicht. Ja, da steh ich dann halt, dann tanzen wir, ich treffe meine Freunde und wir sind irgendwann alle besoffen. Das interessiert mich nicht mehr.

Soll „Pollyester Parking Lot“ ein alternativer Club sein, so wie er Dir gefällt?

Pollyester: Nein, eigentlich nicht. Aber ich bin offen für alles was daraus wird, aber das liegt ja nicht in unserer Hand. Wir bieten etwas an. Es ist ein Rauminstallation, und ich glaube man kann diesen Titel schon ernst nehmen. Wir parken uns dahin, so ist das gemeint. Es ist natürlich öffentlicher Raum, aber wir haben es noch nie geschafft, uns irgendwo breitzumachen und dann spurlos wieder zu verschwinden.

Mehr zum Programm gibt es unter www.maximiliansforum.de

POLLYESTER PARKING LOT
12. März – 09. Mai 2010
MaximiliansForum No. 3
Freitag 12.03.2010
– German Love Letter –

Samstag, 20.03.2010
– Zombocombo Orient Bazar –
Grosse Teppichschau, Kamele, Quacksalber, Fakire, Schmuggelwaren, angedreht von: Pollyester, Dompteur Mooner,

Freitag, 26.03.2010
– Botox Dinner –
Bayern2 Ursendung im hör!spiel!art.mix:

Freitag, 09.03.2010
– Super Motion –

Freitag, 16.04.2010
– Zombocombo Roller Derby II –

Donnerstag, 06.05.2010
– Der letzte Raum der Welt –
Video-Installation: KATZER

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