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Various Others – aus einem Galeriewochenende wurde ein Festival der Vielfalt

Von Jürgen Mosises

Alles neu macht der Mai. Das mag nur ein Spruch sein. Die Münchner Galerien-Initiative „Various Others“ ist diesem Versprechen aber gefolgt und hat ihre diesjährige Ausgabe vom Herbst ins Frühjahr verlegt. Auch sonst war in diesem Jahr so einiges anders.

Eine Druckerpresse in der Cocktail Lounge. Eine Frau, die auf den Treppen Arien über das Ach und Weh des Künstlerdaseins singt. Eine weitere, die die Eingangstür bemalt. Und dann noch diese bunte Truppe namens Chicks on Speed, die im Atrium eine schräge Mischung aus Aerobic und Pop-Konzert veranstaltet. Wer als Hotel-Gast ohne Vorahnung am 10. oder 11. Mai im Bayerischen Hof eincheckte, musste sich auf so Einiges gefasst machen. Denn die Galerien-Initiative „Various Others“ hatte das bekannte Fünf-Sterne-Hotel in München in diesem Jahr für ihr Rahmenprogramm gekapert.

© Mehmet & Kazim, Higher Beings Commanded: Stroke and Tickle!, 2022, (still)

Die genannten Programm-Punkte waren dabei nur ein kurzer Auszug. Im vor allem durch die Sicherheitskonferenz bekannten Palais Montgelas gab es Videokunst mit Comic-Figuren und dazu von einem analogen Synthesizer windschiefe Klänge. Ebenfalls im Palais ließ die Sammlung Goetz zeitgenössische Kunst von Cindy Sherman oder Rosanna Marie Pondorf gegen die doch etwas biederen Porträtgemälde dort antreten. Es gab einen Kunst-Boxkampf im Fitness-Studio, Vorträge, Gespräche, Filme, Kaffee und Künstler-Kuchen, eine One-Hour-Disco und eine Karaoke-Bar.

Als am Samstagabend die Besucher der Langen Nacht der Musik dann auch noch parallel in den Bayerischen Hof strömten, war die Folge ein ziemlicher Trubel. Und auch wenn am Tag weniger los war und man als Besucher weitgehend wusste, was passiert, war man zumindest als Nicht-Stammgast des Hauses durch die vielen Orte und Veranstaltungen auch da leicht überfordert. Aber das auf durchaus angenehme Art. Da galt es zuerst mal die Palaishalle, die Dachterrasse oder die Dachgarten Lounge zu finden, wo etwa eine szenische Lesung zur „Wiedergutmachungspolitik Deutschlands nach 1945“ stattfand. Es gab also auch ernste Töne.

Bei einem Panel in der Palaishalle wurde über die Galerieszenen in Berlin, Bukarest, Düsseldorf und Köln, München und Warschau gesprochen. Als man sich danach mit weiteren Schaulustigen auf der Dachterrasse im siebten Stock einfand, um eine künstlerische Intervention von Ossian Fraser mit einem großen Ballon anzusehen, die sich als Anspielung auf Meteorologie und Spionage verstand, wollte dieser Ballon einfach nicht kommen. Beim Verlassen des Hotels traf man auf den Künstler samt Ballon dann draußen auf der Straße. Und man erfuhr, dass die Dachterrasse offenbar die falsche war.

Als weiterer Grund für den zeitlichen Umzug wurde genannt, dass die beteiligen Museen im September nur schwer neue Ausstellungen eröffnen könnten. Das gelinge im Mai besser, was sich wegen der langen Vorlaufzeiten aber erst noch einspielen muss. Neues gab es mit der Ausstellung „Könnt ihr noch? – Kunst & Demokratie“ der Pinakothek der Moderne auf Schloss Herrenchiemsee dennoch. Zudem eröffneten im Haus der Kunst, im NS-Dokuzentrum, im Kunstverein und Kunstraum München und in der Lothringer 13 neue Ausstellungen.

Inge Mahn – Balancierende Türme (Balancing Towers), 1989, Pinakothek der Moderne © VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Im Haus der Kunst gab es „Nostralgia“ von Gülbin Ünlü, einer sehr spannenden Künstlerin aus München. Diese trat beim „Soft Opening“ zusammen mit ihrer Band Türkisch-Armenische Freundschaft (TAF) zur musikalischen „Aktivierung“ ihrer im Haus verteilten Installationen an. Da gingen technisch ein paar Dinge schief, aber Gülbin Ünlü machte das mit viel Charme und einem großen Lächeln wett.

In der städtischen Galerie Lothringer 13 wiederum gab deren neuer Leiter Galerie Kalas Liebfried mit der Ausstellung „Anarchic Animism“ seinen Einstand. Liebfried ist – wie so einige Leiter*innen vor ihm – selber Künstler. Der gebürtige Bulgare, der mit 14 nach München kam, hat sich unter anderem mit aussterbenden Klängen befasst. Bei seiner Begrüßung erklärte er die Lothringer 13 zum „antifaschistischen Raum“. In „Anarchic Animism“ soll es um „eine radikale Kritik an hierarchischen Machtstrukturen und anthropozentrischem Denken“ gehen. Mithilfe der Kunst, aber auch gemeinsamer Praktiken, für die er Generationen- und Genre-übergreifend verschiedenste Akteure einlädt. Ein ambitioniertes und vielschichtiges Programm. So wie es in diesem Jahr auch bei „Various Others“ zu erleben war.

© Jieun Park, Courtesy the artist and Lohaus Sominsky

Titelbild © Carla Filip, Amanhã não há arte, photo: Bruno Lopes / Fundação EDP

In aller Kürze:

Was? Various Others

Wann? 8. – 18. Mai 2025

Wo? Galerien, Museen, Orte der freien Szene