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Warum tust du das? Lone Pine Records – Secondhand-Platten im Popup Store
Ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs, versteckt in einer Ladenpassage, hat sich ein Portal aufgetan, das zurück in die 1960er bis 1980er verführt. Bei Lone Pine Records versammeln sich Vintage-Schallplatten verschiedenster Genres.
Hier wurde jedes Exemplar persönlich ausgewählt und aufbereitet. So erstrahlen alte Platten voll zeitloser Musik in neuem Glanz und können neue Besitzer:innen finden. Daneben findet alle zwei Monate The Dig statt – ein Mini-Markt, der im Zeichen von lokalen innovativen Produkten steht. The Dig Volume 2 findet bereits im Juli statt.
Doch was steckt noch hinter diesem kleinen Laden von 11m2? Was kommt wie ins Sortiment? Und wenn Lone Pine Records selbst ein Song wäre, dann welcher? MUCBOOK hat nachgefragt.
Wie bist du an den Laden gekommen? Und wie lange wird es ihn geben?
Es war ein totaler Zufall. Auf einer Party habe ich jemandem von meinem Traum erzählt, einen Plattenladen zu eröffnen. Zufälligerweise hat er eine freie Ladenfläche. Mein Ziel ist es, den Laden mindestens bis Ende 2026 zu haben. Der Laden befindet sich in einer nicht so schönen Lage, aber ich hoffe, dass ich ihn länger halten kann.
3 Gründe, warum den Laden jeder einmal besuchen sollte?
Mein Laden ist klein, aber ich habe das beste Sortiment in München. Plattensammler wissen die Raritäten zu schätzen. Meine Preise sind fair und jeder findet etwas Cooles, egal ob es 3 € oder 300 € kostet. Viele Plattenläden sind nicht immer so freundlich. Ich bin einfach sehr, sehr nett und freue mich über jeden Kunden, egal ob sie etwas kaufen oder nicht. Ich bin kein Snob, was den Geschmack der Kunden angeht. Ich unterhalte mich gerne über Musik und verurteile niemanden. Meine Geschäftsidee ist sehr modern, wir veranstalten regelmäßig Events im Laden, wie z. B. Listening Partys, Pop-ups mit nachhaltigen Produkten von lokalen Herstellern, und wir verkaufen unsere eigenen handgefertigten T-Shirts und andere Waren und coole Sachen, die unser Musik begeistertes Publikum ansprechen.
Warum braucht die Welt gerade jetzt Plattenläden?
Viele junge Leute entdecken erst jetzt Schallplatten. Sie lieben den Sammlerwert, das haptische Erlebnis und die großen, optisch ansprechenden Plattencover. Vinyl bietet eine Pause von der digitalen Welt und schafft ein Ritual rund um das Musikhören. Es geht wirklich darum, ein Stück Musikgeschichte zu besitzen und seinen persönlichen Geschmack durch seine Sammlung zum Ausdruck zu bringen.

©Lone Pine Records
Was muss ein Album mitbringen, damit es den Weg in dein Sortiment schafft – und was fliegt sofort wieder raus?
Die Sammlung im Laden ist sorgfältig ausgewählt. Nicht nur für die Qualität, sondern die Beziehung jedes Album hat mit anderen. z.B. Jimi Hendrix, Miles Davis und James Brown waren alle Einflüsse für den Sound von Sly Stone, und dieser wiederum war ein Einfluss auf Prince, David Bowie und Parliament-Funkadelic. Ich finde diese Verbindungen und biete dem Kunden eine große Auswahl, um seine musikalische Entdeckung fortzusetzen. Als Grafiker steht auch die Kunst des Plattencovers im Vordergrund. z.B. Viele Jazz-Alben klingen nicht nur gut, sondern sehen auch schön aus.
Wenn man bei dir eine Platte kauft – was soll man dabei idealerweise empfinden: Nostalgie, Neugier oder einen leichten Hauch von Arroganz à la „Ich hab den guten Kram gefunden, bevor’s hip wurde“?
Im Idealfall soll jeder Kunde die Schallplatte finden, nach der er oder sie jahrelang gesucht hat. Oder wenn ein Kauf aus Neugier erfolgt und auf meine Empfehlung hin geschieht, soll er Freude bereiten und dazu anregen, sich für andere Künstler oder Musikrichtungen zu öffnen.
Lone Pine Records liegt in Bahnhofsnähe – Zufall oder bewusster Widerstand gegen Glockenbach-Homogenität?
Es ist ein totaler Zufall, aber wir brauchen wirklich mehr coole Viertel außerhalb des Glockenbachviertels. Ich habe mir lange überlegt, wo ich meinen Laden aufmache und wollte etwas Ungewöhnliches, z.B. in einem U-Bahn-Kiosk oder in einem Zelt. Dieser Laden liegt versteckt in einer Passage.

©Lone Pine Records
Was genau erwartet uns im Mini-Markt – und wie kriegt man zwischen The Smiths und Seifenmanufaktur die Balance hin, ohne ins Konzeptlädchen-Klischee zu kippen?
Der Laden wird eine Art Metamorphose durchlaufen, bei der die Musik in den Hintergrund tritt und die Anzahl der Platten reduziert wird, um Platz für die Produkte zu schaffen, die auf das Pop-up-Thema zugeschnitten sind – sei es ein bestimmtes Genre oder eine bestimmte Farbe. Unser erster Versuch wird uns helfen zu lernen, was für die nächste Veranstaltung im Juli funktioniert. Als nicht gewinnorientiertes Experiment liegt unser Schwerpunkt weniger auf dem Verkauf als vielmehr auf der Schaffung von Mehrwert durch praktische Tipps, sinnvolle Kontakte und eine unterhaltsame Atmosphäre.
Wie entscheidet ihr, welche lokalen Manufakturen einen Platz in eurem Mini-Markt bekommen? Gibt es einen musikalischen Ethik-Kodex?
Musik spielt dabei natürlich eine große Rolle. Für unser erstes Pop-up wollten wir das Thema Frühling nutzen, nicht nur um die Playlist für die Veranstaltung auszuwählen, sondern auch um zu entscheiden, welche Produkte am besten in dieses Konzept passen. Für mich erinnert der Frühling an Japan und auch an sanfte Pastelltöne, deshalb haben wir uns für City Pop und japanischen Jazz als Musik entschieden. Die Auswahl der Manufakturen passt farblich gut zusammen.

©Lone Pine Records
Lone Pine Records
Bayerstraße 4
80335 München
Öffnungszeiten Freitag von 12 bis 20 Uhr
Instagram @lonepine_records
Website www.studiolonepine.com/lonepinerecords
Titelfoto: Jonathan Wood ©Lone Pine Records