Aktuell, Stadt

Wie aus Ideen Bewegung wird: Günes Seyfarth über Mut, Wandel und Begegnungsorte

Manche Menschen gehen gerne auf ausgetretenen Pfaden den Weg des geringsten Widerstandes. Andere bahnen sich ihren eigenen Weg und sei das Dickicht auch noch so dicht. Günes Seyfarth gehört definitiv zur zweiten Kategorie. Sie ist eine Macherin, die von der Vision einer besseren Welt angetrieben wird. Nachhaltiger Lebensstil wird bei ihr nicht nur gefordert, sondern vorgelebt. In unserer neuesten MUNICH NEXT LEVEL Podcast Folge haben wir mit der Unternehmerin und Aktivistin über gesellschaftlichen Wandel, Gemeinschaft und mutige Entscheidungen gesprochen. Hier hört du das ganze Interview: 

Seit April 2025 ist Günes mit ihrer Vision in einer der wohl spannendsten Zwischennutzungen Münchens: im Fat Cat (dem ehemaligen Gasteig) in der Kellerstraße 8a in Haidhausen (hier sitzen wir übrigens auch mit unserer MUCBOOK Redaktion). Mit der Community Kitchen verwandelt sie das ikonische Kulturhaus in eine Bühne für gelebte Nachhaltigkeit. Wo früher Klassik geprobt wurde, wird jetzt geschnippelt, geschlemmt, gespielt und sich begegnet.

Hier gibt es kreative Menüs aus geretteten Lebensmitteln und jede Menge Bildungsformate, die zeigen, wie nachhaltiger Konsum geht – hands-on und mitten in der Stadt. Das neue Zuhause der Community Kitchen ist mehr als ein Restaurant: Es ist ein Begegnungsort, ein Ideenraum, ein Ort, an dem es gutes Essen in sehr gemütlicher Wohnzimmer Atmosphäre zu genießen gibt – und wie daheim darf auch gespielt und getobt werden im großen Foyer des Kulturtempels. Günes erzählt uns hier, warum wir viel öfter einfach loslegen sollten.

Von der Kleidungretterin, zur Lebensmittelretterin zur Logistikqueen

Wer Günes zuhört, merkt sofort: Sie brennt für das, was sie tut. Sie hinterfragt, packt an, verändert. Günes Seyfarth ist eine Pionierin, wenn es um nachhaltigen Konsum und soziale Innovation geht. Als Mitgründerin von Mamikreisel hat sie das Secondhand-Shopping für Kinderkleidung neu gedacht – heute als Vinted eine der größten Plattformen Europas. Sie hat aus Mangel an guten Angeboten eine eigene Kita gegründet und mit Community Kitchen einen Ort geschaffen, an dem Lebensmittel gerettet und Menschen zusammengebracht werden. Ein ziemlich vielfältiges Portfolio, aber alle Projekte haben einen gemeinsamen Nenner: Ein Umdenken in unserer Gesellschaft – weniger Verschwendung, mehr gemeinschaftliches Handeln.

Hausfrau für 42.000 Quadratmeter

Community Kitchen ist keine gewöhnliche Küche. Es ist ein Raum, in dem sich alles um Wertschätzung dreht – für Essen, für Menschen, für Ressourcen. Jede Woche fließen hier bis zu 20 Tonnen geretteter Lebensmittel in neue Kreisläufe. Eine gigantische Herausforderung? Vielleicht. Aber Günes liebt Herausforderungen. „Wir sind nicht nur Gastronom*innen, wir sind auch Logistiker*innen“, sagt sie. Und was das bedeutet, zeigt sie mit einem ausgeklügelten System aus Effizienz, Netzwerk und jeder Menge Herzblut.

Als Günes 2021 die Leitung des Shaere im ehemaligen Allianz-Gebäude in Neuperlach übernahm, wurde ihr schnell klar, dass sie sich plötzlich um weit mehr als nur um eine Gemeinschaftsküche kümmern musste. „Ich bin von heute auf morgen zur Hausfrau für 42.000 Quadratmeter geworden“, erzählt sie lachend. Die dreijährige Zwischennutzung Shaere war ein ambitioniertes und erfolgreiches Projekt: eine riesige Fläche, die als kreativer, sozialer und nachhaltiger Begegnungsraum genutzt werden sollte. Vom Stadtrat München wurde das Projekt als ​​„der diverseste Ort der Stadt“ bezeichnet. Wirf hier ein Blick ins Shaere!

Dritte Orte für gelebte Demokratie

Und weil Günes mit dem, was sie tut und vor allem, wie sie es tut, so erfolgreich ist, werden immer neue Mammutprojekte an sie herangetragen. Nach dem Erfolg der Community Kitchen im Shaere entsteht jetzt ein neues Projekt auf dem Neuperlacher Hanns-Seidel-Platz, das die Ideen weitertragen möchte: Neuperland. Hier geht es um eine neue soziale Zwischennutzung, um Sport, Kultur und gemeinschaftliches Leben.

Günes verwandelt zusammen mit Zwischennutz-Experte Michi Kern eine öde Brachfläche in einen „Dritten Ort“ – einen lebendigen Ort der Begegnung. Unter ihrer Leitung entsteht ein Zentrum für Kultur, Sport und Gemeinschaft mit Basketballplätzen, Urban Gardening, einem Café und Veranstaltungsräumen mitten in Neuperlach, das schon lange auf einen lebendigen Ort für nachbarschaftliche Gemeinschaft im Viertel wartet. „Wenn Menschen sich begegnen und austauschen können, entsteht Wertschätzung und Verständnis füreinander“, wie Günes zusammenfasst. Das Projekt dient als Brücke bis zur Fertigstellung des geplanten Kultur- und Bürgerzentrums.

Was wir von Günes lernen können: Machen und Weitermachen

Städte werden nicht nachhaltiger, indem wir nur darüber reden. Sie werden es, wenn wir anfangen zu handeln. Lebensmittel retten, Konsum neu denken, Räume gemeinsam nutzen – all das kann den Unterschied machen. Günes bringt es auf den Punkt: „Ich frage mich immer: Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Und meistens ist die Antwort nicht so dramatisch. Also mache ich weiter.“

Hör jetzt die ganze Folge auf Spotify & Co.

Wir könnten noch ewig über Günes sprechen – über ihre Energie, ihre Ideen und ihren unermüdlichen Optimismus. Aber am besten hört ihr sie selbst. Den ganzen Podcast gibt’s bei Podigee sowie auf Spotify, Apple Music, Deezer und vielen anderen Podcast-Anbietern.

Beitragsbilder © Community Kitchen