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Filmfest München: “Only God Forgives”

Jonas Bock
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Wie aus dem nichts tauchte letztes Jahr der Film “Drive” am Kinofirmament auf und hinterließ dort ein grelles Donnern. Nicolas Winding Refn erlebte mit diesem Blockbuster seinen fulminanten Durchbruch auf internationaler Bühne – Hollywoodliebling Ryan Gosling in der Hauptrolle und einer Menge dänischem Kalkül in der Gestaltung sei Dank.

Mit seinem neuen Film “Only God Forgives” im Gepäck beehrte er netterweise auch das diesjährige Münchner Filmfest. Schafft er es, sich damit selbst zu übertreffen oder kratzt er lediglich an der Oberfläche von früheren Genialitäten?

Bangkok ist ein garstiger, dunkler Ort, der allein vom Schein seiner Neonlampen und seiner schwülen Nächten zehrt und für Tageslicht scheinbar keine Verwendung hat. So zumindest zeichnet uns Winding Refn die Stadt in seinem Film auf. Inmitten dieser schummrigen Häuser- und Raumfluchten, die Winding Refn mit seinen typischen Kamerafahrten milimetergenau ausleuchtet, taucht Protagonist Julian auf, gespielt von Ryan Gosling.

Er ist Teil eines Drogendealerrings, den seine ruchlose Mutter leitet. Der Plot des Films beginnt als Julians geisteskranker Bruder umgebracht wird. Statt nun einen blutrünstigen Run auf dessen Mörder zu starten, mutiert Julian vielmehr zum hilflosen Spielball zwischen dem kontrollierten Mörder seines Bruders und seiner nach Rache dürstenden Mutter.

Die passive, fast schon hilflose Rolle Julians untermalt der Regisseur mit einer allgegenwärtigen Furcht, die Julian antreibt und die alleine in den faszinierenden Kulissen der Stadt Ausdruck findet. Ein armer Junge also, dieser Julian. Dabei verzahnt der Regisseur alle Elemente des Films eisern: Die Kulisse bedingt die Handlung bedingt die Charaktere, und anders herum. Das eine funktioniert nicht ohne das andere.

In diese beeindruckende Visualität streut Winding Refn auch immer wieder krasse Gewaltszenen sein. Ob sie für die Handlung in ihrer Explizität notwendig sind oder ob man sie eher als blöde Gewaltverherrlichung abtun sollte, kann ich persönlich nicht beurteilen. Doch Fakt ist: In diese absolut gefühlsbefreite Welt des Films passen sich die heftigen Gewaltakte perfekt ein. Zarte Seelen sollten also vorsichtig sein.

Nicolas Winding Refn scheint bei seinen Filmen ein strenges Regiment zu führen. In “Only God Forgives” gibt es vermutlich kein einziges Element, dass nicht durch seine Hände gewandert ist. Soundtrack, Stil, Erzählgeschwindigkeit etc. sind bis ins letzte Grad austariert und erzeugen beim Zuschauer eine massive Spannung. Da wundert es nur, dass gerade Ryan Goslings Rolle als Protagonist so stark abfällt, während ihm Kristin Scott Thomas als Julians diabolische Mutter auf atemberaubende Weise die Show stiehlt.

Foto: Filmfest München

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