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Liebe Polizei München, wir müssen mal über Verhältnismäßigkeit reden.
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Am vergangenen Freitag fand in der Pilgerheimerstraße in Giesing eine Abrissparty statt. Im Anschluss an eine Ausstellung, für die die gesamte Wohnung rosa und schwarz gestrichen worden war, feierten Dutzende Menschen die letzte Party in dem zweistöckigen Mietshaus, das einer größeren Version seiner selbst weichen soll.
Auf dem Weg zu der Party beschmierte jemand eine Hauswand. Zwei Zeugen wollen gesehen haben, wie die mutmaßlichen Täter danach in der Pilgersheimerstraße eintrudelten. Die Polizei rückte an, um die Personalien der Partygäste aufzunehmen und jeden zu fotografieren. Wohl aus Prinzip öffnete das Partyvolk den Beamten jedoch nicht die Tür und wohl aus Prinzip wollten diese sich das nicht gefallen lassen.
So spülten die weiß-grünen Partybusse immer mehr Gesetzeshüter auf die Straße. Die meisten in schwerer Randale-Ausrüstung. Ich zählte irgendwann rund ein Dutzend Einsatzwägen. Der Einsatzleiter wollte mir nicht sagen, wie viele Kollegen er befehligte, der aus dem Schlaf geklingelte Pressesprecher sagte, es seien rund 30 gewesen. Manche Polizisten erzählten, eine Zeugin sei auch körperlich angegangen worden. Dies konnte jedoch bisher nicht bestätigt werden.
Nach zwei Stunden belagerungsähnlicher Zustände räumten die Partygäste dann die Wohnung, ließen sich von der Polizei ablichten und zeigten ihre Ausweispapiere. Wie versprochen rückte die Polizei dann ab und die Fete konnte weitergehen. Da waren die meisten der rund 60-80 Leute, die unten vor dem Haus auf Einlass warteten und der ihnen von den kontrollierenden Beamten nicht gewährt wurde, schon weitergezogen.

Ich frage mich, wo ist hier eigentlich die Verhältnismäßigkeit? Für ein kleines Graffiti mussten mehr als dreißig Bereitschaftspolizisten eine lächerliche Szene abziehen, weil es im Rechtsstaat nicht sein kann, dass Täter sich hinter einer geschlossenen Wohnungstüre verschanzen, oder wie? Klar, manche Prinzipien müssen durchgesetzt werden, aber war es wirklich notwendig, dass Beamte durch ein Fenster im Treppenhaus auf die zu der Wohnung gehörige Terrasse kletterten, um von dort in die Party einzudringen? Musste allen Ernstes die ganze Pilgersheimerstraße von dem Blaulicht und den Diskussionen zwischen Partyvolk und Polizei um den Schlaf gebracht werden?
Der einzig lachende Dritte in dieser Nacht war der Besitzer der Dönerbude an der Ecke: “So viel Bier habe ich in 18 Jahren nicht verkauft”, jubelte er.
Dönermann an der Ecke: ‘So viel Bier habe ich in 18 Jahren nicht verkauft’ #Hausbesetzung als #Wirtschaftsfaktor
— Jan Rauschning-Vits (@JanVits) 30. Januar 2016