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Aus unserem Podcast: Michael Ehret über Stadtentwicklung

MUNICH NEXT LEVEL

Als Projektentwickler und Gesellschafter beim Immobilienunternehmen ehret+klein begleitet Michael Ehret neue Stadtquartiere von der Konzeption bis zum ersten Spatenstich – und meist lange darüber hinaus. Die Stadt, ihre Bedürfnisse und die wichtigen Stellschrauben im Gestaltungsprozess kennt er also bestens.
Diese Woche war er bei uns im Podcast zu Gast:

Planung? Zuhören!

Wie baut sich München in Zukunft um? Eine der Fragen, die wir mit ihm gemeinsam in einer neuen Folge MUNICH NEXT LEVEL diskutieren. Mit einem Architekturentwurf ist es bei Quartiergestaltung nämlich längst nicht mehr getan. Ehret dazu im Gespräch: „Wenn ich mich heute mit Quartieren oder Stadtentwicklung beschäftige, hat es ganz viel damit zu tun, dass wir uns solchen Grundstücken nicht über die Architektur nähern, sondern erst mal über das Zuhören und über das Hinschauen und Verstehen. Über das Verstehen der Nachbarschaften, über das Verstehen von Integration und Einbindung von solchen Projekten in einen Stadtraum.“ So werden umsichtige Immobilienunternehmen längst auch ein Stück weit zu feinfühligen Sozialforschern und Stadtethnologen und arbeiten interdisziplinär.

Lebenswerte Quartiere – so seine Überzeugung – entstehen durch eine gelungene Vielfalt im Viertel und den frühzeitigen und intensiven Dialog mit den Bürger*innen, die hier leben oder arbeiten oder hier leben und hier arbeiten. Im besten Fall klappt das nämlich beides: eine Stadt der kurzen Wege bedeutet für Ehret auch, dass man das Kleingewerbe und alteingesessene sowie sozial wertvolle Gewebereeinheiten schützt. Damit schützt man nämlich zugleich auch die Arbeitsplätze vor Ort und erhält die Identität eines Viertel.

Brauchen wir eine Gewerbe-SoBoN?

Eine Regelung wie die SoBoN (die Sozialgerechte Bodennutzung) könnte seiner Meinung nach deshalb bei Gewerbeeinheiten eine sinnvolle Maßnahme zum Erhalt der Viertelcharakter und der allgemeinen Lebensqualität sein. Die SoBoN greift in München bisher nur beim Neubau oder bei der Renovierung von Wohneinheiten: wenn eine Wertsteigerung vom Bauunternehmer erreicht wird – 30% der gebauten Wohnungen fallen dann zunächst in die Sozialbindung und müssen im Rahmen dieser Programme günstig an Berechtigte vermietet werden.

Ehret dazu: „ (Das ist) Eine heiße Diskussion, die wir gerade mit der Stadt führen: Inwieweit müsste auch Gewerbe gefördert werden in der Innenstadt? Weil sonst verdrängt man genau in einer Straße wie hier in der Schillerstraße notwendige Gewerbe, die eine Stadt oder einen Kiez ausmachen. Damit müssen wir umgehen.” Bauherren würden schließlich auch bei Wohneinheiten dazu verpflichtet, sozialen Wohnraum zu schaffen, als Ausgleich für die Wertsteigerung, die sie erschaffen.

Alles neu am Hauptbahnhof?

Aber nochmal ‘Zurück in die Zukunft’: Gerade um den Hauptbahnhof herum – von wo aus wir den Podcast im MUCBOOK Clubhaus aufnehmen – wird sich sicher eine Menge tun in den nächsten Jahren. Angefangen beim Umbau des HBF-Gebäudes an sich. “Das Bahnhofsviertel wird sich – zumindest bis zur Schwanthalerstraße hin – deutlich verändern. Es wird glaube ich den Charakter eines klassischen Bahnhofsviertels verlieren.” so die Einschätzung von Ehret. “Aber – und das ist eben unsere Aufgabe, und zwar aller Projektentwickler und Bauherren und Grundstückseigentümer – wir müssen diese Vielfältigkeit erhalten. Ein Bahnhofsviertel lebt von seiner Internationalität, von seiner Vielfalt, aber es muss auch ein Willkommen sein.”

Gelungene Quartiersentwicklung

Trends gibt es viele, sie kommen und gehen immer schneller, aber Gebäude sind ja doch recht unbeweglich in den meisten Fällen. Was heißt das also für die Planung von neuen Quartieren? Sie müssen einen Spagat irgendwo zwischen “Resilienz” und “Flexibilität” hinkriegen.

Entwicklung heißt dabei nicht zwangsläufig Neubau oder Grundsanierung, denn, “wenn wir von Stadtentwicklung reden, reden wir auch ganz viel von Stadtreparatur.“ Neue Wege gehen heißt dabei also manchmal auch Altes wieder zu entdecken oder neu zu nutzen.

Gerade in München werden aber auch die Wachstumsschmerzen einer boomenden Stadt immer wieder deutlich. „Ich finde, Projektentwicklung hat viel mit Mitverantwortung zu tun. Stadt- oder Quartiersentwicklung ist eine sehr verantwortliche Aufgabe“, so Ehret dazu. Neben politischen Maßnahmen wie einem sozial geförderten Gewerbe plädiert er deshalb für Vielfalt und Diversität und für Rahmenbedingungen, die Experimente auch für Projektentwickler sinnvoll und lukrativ machen. Und somit ein Quartier langfristig lebenswert.

Zeit nehmen ist da die Devise: “„Es gibt keine Blaupause für funktionierende Quartiere. Am Ende muss ich das Quartier betreiben. Die Quartiergemeinschaft entsteht nicht von alleine – das stellen wir immer wieder fest.“ Die Nachsorge ist deshalb mindestens so wichtig wie die Vorsorge. Wünschenswert wäre für ihn auch die Öffnung der Stadtgesellschaft Umland hin zeigen: also Polyzentren im Umland der Metropolregion möglich machen, fördern und im Dialog ausgestalten.


Hier zur kompletten Folge:


Bild: ehret+klein; Urheber: Edward Beierle

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