tagebook der PLATFORM

B∃SETZT – Diskurse zu Kunst, Politik und Ästhetik oder die Frage: Wieviel Politik verträgt die Kunst?

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„Sagt nicht was ihr wollt, seid einfach da!“ forderte Slavoj Žižek die Demonstranten der New Yorker Occupy-Bewegung auf. Geprägt durch die Hausbesetzungen der 68er Jahre, erfährt der Begriff der Besetzung heute als neue Form der Gesellschaftskritik eine Wiederbelebung. Begonnen an der Wallstreet, ziehen sich Besetzungen als „stille“ Äußerung des Protests rund um den Globus. Immer mehr Gruppierungen bedienen sich diesem Mittel, um auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen. Ob mit wirtschaftlichen oder soziographischen Hintergründen, mehr und mehr Occupy-Bewegungen tauchen im  öffentlichen Raum auf. Im Vergleich zu herkömmlichen Demonstrationen zeichnet die Okkupation neue Wege Demokratie auszuüben und verleiht somit auch der Kritik eine neue, besondere Ästhetik. Diese ist mittlerweile bis in die Reihen der Kunst vorgedrungen. Bekannteste Beispiele bilden hierbei die Okkupation des MoMa in New York, der Boykott des Abu Dhabi Guggenheim oder das Pirate Camp der Venedig Biennale, um nur einige Formate zu nennen. Doch auch für kleinere, städtische Initiativen wird der „große Bruder“ aus New York zum Vorbild, lokale Interessen zu diskutierten. Zu einzigartiger Brisanz herangewachsen, avanciert die Besetzungsbewegung sogar zum Ausstellungsgegenstand der diesjährigen Berlin Biennale.

Doch was ist das Besondere an der Besetzung? Was macht die heutige Gesellschaft so empfänglich für Occupy-Bewegungen? Welche Auswirkungen haben solche Besetzungen auf künstlerische Ausdrucksformen? Etablieren sie eine neue, künstlerische Ästhetik der Kritik? Welche Auswirkungen hat dies auf städtische Infrastrukturen, Literatur und künstlerische Ausdrucksformen? WIE nimmt sich Kunst öffentlichen Raum?

Mit dem Projekt „B∃SETZT“ möchte PLATFORM3 diesen Fragen auf den Grund gehen. Grundlegend für die Konzeption dieser Ausstellungsreihe war die Suche nach Kommunikationsmöglichkeiten. Auffällig schien bei der Zusammenführung von Kunst und Politik, dass nach einer neuen Rhetorik, im Ästhetischen wie auch im Verbalen, gesucht werden muss. Für dieses Vorhaben des verbalen Brückenschlagens zwischen den Disziplinen hat die Magicgruppe Kulturobjekt einen Raum geschaffen “sweatroom”. Dieser Raum fungiert als Forum des Diskurses und kann als ästhetischer Kommunikationsraum bezeichnet werden. Die verbauten schweren Materialien aus Eisen und Holzkonstruktionen unterstreichen die Dynamik des Konzeptes “BESETZT” und laden ein sich mit Massivität und Stärke dieser Ästhetik auseinanderzusetzen. Feine Spuren in Form von Splittern, Staub und Resten machen den Produktionsprozess sichtbar und rekurrieren auf Bruchstellen und Spuren, die auch jedes Gespräch in sich birgt.

Beiträge aus den Bereichen Architektur, Kunst, Literatur und Soziologie verdeutlichen die perspektivische Vielfalt, in der das Thema Relevanz findet. Die Ausstellungsreihe möchte Fragen stellen und Ausgangspunkte setzen, um einen Diskurs fortzutragen. Eine abschließende Publikation im November soll das Konzept weiter abrunden.

Nächste Veranstaltung:
18. Juli, 19.00 Uhr:  Fachvortrag Simon Teune „Protest als Besetzung. Zur Ästhetik einer Politik von unten.“ Anschließend offenes Gespräch zum Thema „Occupy in München?“ mit Gürsoy Dogtas, den Urbanauten und weiteren Kulturschaffenden aus München.

Im: “sweatroom” (4.08. – 4.12.2012)
Ausgehend von der Arbeitsweise des Künstlerkollektivs Magicgruppe Kulturobjekt formen Michael Dobrindt, Markus Hahn, Marcel Hiller, Max Schulze und Sebastian Walther für PLATFORM3 ein situationsspezifisches Ambiente und vereinen somit die scheinbar gegenläufigen Bedingungen von Produktion und Forum, Diskurs und Affekt [sweatroom].
Konzept und Durchführung der Veranstaltungsreihe: Anabel Roque Rodriguez, Karen Klauke, Carina Essl und Emily Utzerath für PLATFORM3

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