Live

Balsam am Lagerfeuer

Letzte Artikel von Laura Ceglarek (Alle anzeigen)

bowerbirds2012

Manche Songs überdauern Jahrhunderte. Sie rufen Erinnerungen wach und versetzen uns in die Tage zurück, an denen uns diese Melodien begegnet sind, ob sie nun gut oder schlecht waren, ob Tage des Glückes oder des Leides. Die besten Songs der aus North Carolina stammenden Bowerbirds scheinen ebenso zeitlos zu sein. Feinste Lagerfeuerhymnen, gesungen von einem Paar, das sich an seiner tiefen Liebe zueinander festhält.„The Clearing“ ist das dritte Album der Bowerbirds, die mancher schon mit Bob Dylan, Johnny Cash und Leonard Cohen vergleicht. Und wie so oft bei Bands, deren Erfolg beständig ist, hatten sie dafür mehr Zeit und bessere Mittel zur Verfügung. Dieses Album ist größer, die Sounds sind mutiger und das Duo bereit, seinen Radius zu erweitern.

Viele Songs dieses Album überschütten den Zuhörer mit still fließender und doch lebhaft pulsierender Engerie und entführen sanft auf eine Reise in den Strom von nach und nach einkehrenden Friedlichkeit. Das beste Beispiel hierfür ist der Song „Hush“. “Er spielt Verstecken mit Vibrafon, Klavier und Schlagzeug, während Beth Tacular’s Stimme einerseits eine unheilvolle Atmosphäre verbreitet, andererseits Widerstandsfähigkeit und Stärke suggeriert”, heißt es in der Presseinfo. Und weiter: “Fakt ist, diese Songs überlassen nichts den gewachsenen Produktionsansprüchen: Gitarren und Streicher, Codas und Zwischenstrophen signalisieren drängende Gedanken, voller Vitalität und Notwendigkeit, ohne ihnen eine Stück ihrer Zeitlosigkeit zu nehmen.” Dem pflichten wir bei.

Das komplexeste Stück dieses Albums mag wohl „Walk The Furrows“ sein. Der thematische Kern des Songs – “der Glaube an einen Rückzug ins Private in einer Welt voller Versuchung und Ablenkung” – trifft einen der empfindlichsten Nerven unserer Gesellschaft. Diese Botschaft, die das Duo in die Welt hinausruft, werden sich wohl viele zu Herzen nehmen wollen. Und ist es nicht die beste Art und Weise, den Menschen eine solche Lektion mit auf den Weg zu geben? Eine ernüchternde Botschaft angenehm verpackt in fliegender Gitarrenbegleitung und eindringlichen Celloklängen, gepaart mit Philip Moore’s leicht klagender und gleichermaßen fordernder Stimme.

Auf “The Clearing” transportieren sie Werte wie Genügsamkeit mit Ehrgeiz genauso wie Geduld mit Erwartungen und Verstand mit Intellekt. Was auf den ersten Blick eine innere Zerissenheit suggeriert, die zweifelsohne in jedem Großstadtmenschen rumort, entpuppt sich jedoch als Versuch, den Zuhörer in diese emotionalen Situationen zu versetzen, ihm möglichst starke Affekte zu vermiteln und so eine möglichst große Katharsis, also die Reinigung von eben diesen, zu ermöglichen und ihn in Frieden und Ruhe zu hinterlassen.

Gleichzeitig drückt das amerikanische Duo treffend seine Sicht auf die Welt aus, die unbestreitbar realistisch, doch auch mit einer gehörigen Portion Melancholie behaftet ist. Schließlich ist es mehr als das dritte Album für Bowerbirds. Auf „The Clearing“ singen Beth und Phil über die besten und wichtigsten Momente ihres Lebens und gleichzeitig inspirieren sie dazu, über eigene prägsame Erfahrungen zu reflektieren und sie vor dieser wunderbaren Musikkulisse erneut zu durchleben. In Zeiten wie diesen, voll Unruhe und Unstetigkeit, sind solche Lieder “Balsam für unsere Seelen”, schreibt die Band.

Und dieser Balsam kann ganz frisch aufgetragen werden, denn die Bowerbirds kommen am 27.04.12 nach Müchen. Man darf gespannt sein, wie es ihnen gelingt, das Orange House (Hansastr. 41, 80686 München, 20:00 Uhr) in einen Ort der aufwallenden Emotionalität und gleichzeitig der inneren Einkehr im Lagerfeuerstil zu verwandeln, der versucht, diesem nasskalten Frühling und uns selber das Erwachen beizubringen und das mit dem gesammelten Herzensfeuer des Amerikanischen Duos.

DOC033_01

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons