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Bühnengeflüster – Menschen im Volkstheater

Juliane Becker

Folge 2: Die Schauspieler
Was hinter der Bühne geschieht, bleibt den meisten Theaterbesuchern verborgen. Wir erfahren Insider-Infos, Ensemble-Eskapaden und Gerüchteküchen-Gebrodel direkt aus erster Hand – von Menschen im Volkstheater.

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Er ist schon seit 2009 mit dabei, sie kam diese Spielzeit frisch dazu: Constanze Wächter und Pascal Fligg bereichern das Ensemble des Münchner Volkstheaters mit Witz und Talent und geben uns heute Auskunft über ihr Leben als Schauspieler.

Wie seid ihr nach München gekommen?

Constanze: Das war Zufall. Am Ende der Schauspielschulzeit gab es ein zentrales Vorsprechen hier in München, und dann hat mich Christian Stückl zum Einzelgespräch eingeladen. Eine Stunde später rief er mich an und fragte, ob ich nicht nach München kommen wolle.
Pascal: Ich war hier beim Gruppenvorsprechen. Unsere ganze Klasse (der Folkwangschule Bochum, Anm. d. R.) hat mehrere Münchner Theater eingeladen, uns zu sehen. Nach diesem Vorsprechen hat mich dann Stückl gefragt, ob ich ihm noch weitere Rollen zeigen könnte, danach wurde ich aufgenommen.

Wie gut wird man in der Schauspielschule auf das tatsächliche Arbeiten im Theater vorbereitet?

Pascal: Natürlich greifst du auf die Techniken zurück, die du in der Schule gelernt hast, aber wie ein Theaterbetrieb läuft, das geht nur durch learning by doing. Ich war ganz nervös, weil ich wusste, dass ich ab dem 1. September hier sozusagen „gebucht“ bin, stand dann in meiner Wohnung und hab mich gewundert: soll ich nicht arbeiten? Ich war zwar in der ersten Produktion mit einer kleineren Rolle dabei, kam aber erst zwei Wochen später dran. Die ganze Zeit saß ich zuhause und hab mir gedacht, ich muss doch was machen! Ich muss doch was arbeiten!

Wie findet man sich Abend für Abend in eine komplett andere Rolle ein?

Constanze: Die Kollegen helfen mir immer sehr dabei.
Pascal:
Bei mir hilft auch ganz stark das Drumherum. Die Maske. Das Kostüm. Dann sehe ich mich damit im Spiegel und sehe die Kollegen in ihrer Aufmachung, die Bühne, die Requisiten. Das alles bringt mich fast automatisch in die Rolle, und dass man da mal durcheinanderkommt, ist eher selten.

Wie viel von euch selbst steckt in jeder Rolle?

Constanze: Natürlich ist von mir eine Menge dabei, man legt sich ja nie ab, das sollte man auch nicht. Aber der Reiz ist auch, dass man einen Charakter erstellen will, der mit einem persönlich nichts zu tun hat.

Gibt es eine Rolle, die ihr gerne mal spielen würdet?

Constanze: Bei mir wäre es Lady Macbeth. Aber ich bin gerade ziemlich zufrieden mit meinen Rollen hier.
Pascal: Ich hab schon einige Rollen gespielt, die ich schon mal spielen wollte. Aber eine „Traumrolle“ in dem Sinne gibt es nicht, ich freue mich jedes Mal wieder auf eine neue Produktion.

Der große Gatsby © Daniel Delang

Der große Gatsby © Daniel Delang

Wie ist die Arbeit mit Christian Stückl?

Pascal: Ganz unterschiedlich. Manchmal sitzt man vor Probenbeginn zwei Wochen am Tisch und diskutiert über das Thema, wie bei Stellvertreter, manchmal geht’s sofort auf die Bühne. Da ist Christian auch immer mit dabei, springt von Rolle zu Rolle. Männlich, weiblich, Diener, Herrscher, er probiert das auch sehr gerne aus.

Muss man sich als Schauspieler eine dicke Haut zulegen?

Pascal: Ja. Aber ich weiß jetzt nicht, ob das im Schauspiel viel mehr sein muss, als in anderen Jobs. Auch bei Bürojobs gibt’s jeden Tag Herausforderungen und ein Arbeitsklima, mit dem man klarkommen muss.

Aber gerade als Schauspieler ist man in einer Position, in der man bewertet wird, zum Beispiel von Kritikern. Wie geht ihr damit um?

Constanze: Ich suche nicht bewusst nach Kritiken. Man bekommt das schon irgendwie mit. Aber ich glaube, das darf man vor allem nie persönlich nehmen, sondern sollte eine gesunde Distanz bewahren.
Pascal: Meine Theaterlehrerin hat mir mal, nach einer guten Kritik, gesagt: „Freu dich erstmal, und dann nimmst du von der Kritik 50% weg, und dasselbe machst du bei schlechten Kritiken.“ Man sollte das schon wahrnehmen, aber sich nicht aus der Bahn werfen lassen – im guten wie im schlechten Sinne.

Wieso zieht ihr es vor, am Theater und nicht beim Film zu arbeiten?

Constanze: Ich mag beides. Film ist zwar was ganz anderes, aber ich bin sehr froh, direkt nach der Schauspielschule ein Festengagement am Theater bekommen zu haben. Außerdem lässt uns Christian Stückl da viele Freiheiten, falls wir Lust bekommen, mal was zu drehen.
Pascal: Ich fühle mich vor der Kamera nicht so wohl, da traue ich mir nicht so viel zu. Wenn ich das sehe, was ich da fabriziert habe, tu ich mir sehr schwer damit, das gut zu finden. Ich bin im Theater eher zu Hause.
Constanze: Stimmt! Ich habe mal in einer Fernsehproduktion von Frühlings Erwachen mitgespielt, und als ich mich das erste Mal im Film gesehen habe, bin ich zusammengezuckt. Das ist mittlerweile besser geworden, aber man kann sich halt viel besser selbst kritisieren, wenn man das Ergebnis seiner Arbeit auf Band hat.

Was muss man haben, wenn man Schauspieler werden will?

Pascal: Bock.
Constanze: Bock. Das ist das Allerwichtigste.

Vielen Dank für das Interview!

Constanze und Pascal sind zusammen in folgenden Produktionen zu sehen:

Geschichten aus dem Wiener Wald
Der große Gatsby
Das Wintermärchen

Gekürzte Fassung.
© Juliane Becker/Karin Dech

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