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Bunt, wild und wunderschön: Die Münchner Drag-Szene

In München wächst die Dragszene – sie ist lebendig, experimentell und bunt. Und wenn die Szene von irgendetwas lebt, dann von den begabten und schillernden Queens. Bei Garry Klein im Harry Klein treten neue Dragqueens zum ersten mal auf die Bühne auf und zeigen ihre Federn, Flügel und hohen Absätze. Sie strahlen – nicht nur wegen ihrer glitzernden Kostüme und glänzenden und auffälligen MakeUps – sondern, weil sie es wagen, Erhabenheit, Mut, und Schrillheit zu verkörpern. Doch was genau macht die Münchner Drag-Szene aus und wer steckt dahinter? Ganz inspiriert haben wir uns dazu entschlossen, mal direkt bei ein paar Münchner Dragqueens nachzufragen.

Eve N’ More

Wann und wie hast du mit Drag angefangen? Warum München?
Ich habe auf Instagram angefangen und in München, weil ich hier an der Theaterakademie August Everding Schauspiel studiere.  

Was bedeutet Drag für dich?

Drag is for everyone! Jede Person, die Lust auf Makeup Kunst etc. hat, sollte sich ausleben dürfen und Drag gibt einem super viel Stärke und Selbstbewusstsein und ich möchte Menschen damit erreichen. Ihnen zu zeigen, dass es keine Schönheitsideale gibt..jeder Körper ist schön jedes Geschlecht jedes Gender. Bei Drag geht es darum, dich selbst zu fühlen und auszudrücken. Trage was du willst, schmink dich wie du willst, fühle dich schön so wie du bist.

Wie fühlst du dich, wenn du in München in Drag unterwegs bist? Wie ist deine Erfahrung bist jetzt im Vergleich zu anderen Städten?

Ich habe in München mit Drag angefangen und bisher meist gute Erfahrungen gesammelt habe. Ich habe wunderbare Dragkolleg*innen kennengelernt, die mir wahnsinnig viel Stärke, Support und Liebe mitgeben. Die Menschen, denen ich sonst auf der Straße begegne, schauen meist bewusst weg aber sonst habe ich bisher in Drag weniger schlechte Erfahrungen gesammelt als out of Drag. Ich glaube viele Trauen sich weniger wenn ich in Drag bin.

Was wünschst du dir von der Dragszene in München?

Ich wünsche mir mehrere Queere Veranstalltungen abgesehen von dem queeren Mittwoch im Harry Klein.

Wo finden die Dragshows hier in München statt?

Es gibt Gott sei Dank immer mehr Orte, zum Beispiel Harry Klein jeden Mittwoch, Senatore jeden Mittwoch, verschiedene Verantsalltungen im Werk Room, Lovers Nights und viele mehr.

Was macht die Dragszene in München aus?

Zusammenhalt wird groß geschrieben. Ich bin seit 5 Monaten in der Dragszene und wurde sofort von den großen Namen mit offenen Armen begrüßt und darf sie jetzt auch meine Freundinnen nennen.

Was wünschst du dir als dein Vermächtnis in München?

Ich kämpfe viel für Respekt und Toleranz besonders für Trans Rights und ich würde mich freuen, wenn es in jedem öffentlichen Raum Finta-Toiletten gibt.

Pinay Colada

Wann und wie hast du mit Drag angefangen? Warum München?

2018 am CSD. In München haben ich, Freunde von mir und mein jetziger Mann 2017 tolle Dragqueens gesehen und wollten das auch machen. Dann haben wir uns Make-Up gekauft und haben mal angefangen uns zu schminken. Warum München? Weil ich in München wohne obviously. Aber ich bin 2016 erst aus Hamburg nach München gezogen – zuerst für den Job und dann für die Liebe. 

Was bedeutet Drag für dich?

Drag bedeutet für mich in der Community mitzuwirken und eine Stimme und vielleicht auch eine representation für die Community zu sein. Aber genauso ist Drag für mich ein Hobby und ein finanzielles Standbein. Drag ist für mich Fun und Politischer Aktivismus zugleich. 

Wie fühlst du dich, wenn du in München in Drag unterwegs bist? Wie ist deine Erfahrung bist jetzt im Vergleich zu anderen Städten? 

Ich fühle mich royal (I mean…hello? DragQUEEN! not Dragpeasant). Ich fühle mich laut und stark und stolz und manchmal wie ein Star. In München sind die Menschen neugierig aber es wird immer mehr mit Drag, dementsprechend sind sie es mehr gewohnt. Ich ziehe dann schon Blicke auf mich und dann kommt schon mal ein komischer Spruch oder ein komischer Blick aber sie sollen ja auch schauen! Let them have the whole buffet! Ich will nicht umsonst in der Küche gestanden haben für this delicious meal! Aber bei manchen Events oder Shows sind die Münchner*innen leider teilweise noch sehr leise…die wissen dann nicht was sie mit einer Dragqueen anfangen sollen, die plötzlich einen deathdrop gemacht hat und sind eher am überlegen ob sie klatschen und schreien sollen oder 112 rufen, weil sich jemand das Bein gebrochen hat. 

Was wünschst du dir von der Dragszene in München? Was fehlt dir hier?

Mehr Safespaces für LGBTQIA+ , vor allem BPOC & POC aus der Community. Und Mehr Spaces für DragKINGS… total unterrepräsentiert.

Wo finden die Dragshows hier in München statt?

Jeden Mittwoch ab 23 Uhr bei Pink Paradise von DJ James Munich sowie im SENATORE am Sendlinger Tor, abwechselnde DRAGS als Welcome und Performer (ich bin mindestens 1 Mal im Monat dort als „MainHost“), Garry Klein – Midnightshowtime (Mittwochs), The Werkroom, veranstaltet von James Roberts (unregelmäßig, 1 mal im Monat ungefähr), WIGZ-Party von Janisha Jones und Pasta Parisa(unregelmäßig), Jenny Tanzt, Prosecco Bar und jetzt neu mit dabei Drag Monday by Barbie Q(2. Dragtochter) im München 72(1 mal im Monat)

Was macht die Dragszene in München aus? Wie würdest du die Dragszene in München beschreiben? 

Ich empfinde die Dragszene in München als sehr sympathisch und supportive. So habe ich sie jedenfalls kennengelernt und gebe dies auch so an meine „Schützlinge“ weiter und gerne auch an Menschen, die Interesse an Drag haben und mal ein paar Tipps und Tricks brauchen oder sich nicht trauen. Slide into my DMs! Es gibt hier natürlich auch Zickereien, aber alles in allem mögen wir uns alle und können miteinander arbeiten. Aber wie es so ist wenn viele Alphas aufeinander treffen oder QUEENS. Bei den DragKINGS habe ich das noch nicht so mitbekommen. Am Ende des Tages sind wir doch einfach nur Menschen mit Emotionen und Gedanken. 

Was wünschst du dir als dein Vermächtnis in München?

Mein Vermächtnis soll sein, dass egal auf was für einen Weg wir gerade in unserem Leben stehen, welches Alter, was für einen Status wir gerade haben, Drag uns verbinden kann und wir wenigstens auf dieser Ebene eine Gemeinsamkeit finden. Menschen kommunizieren mitlerweile nur noch aus ihrer Bubble heraus, weil sie sich nur dort sicher fühlen und erzeugen dadurch noch mehr Gegensätze anstatt den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, um darauf ein respektvolles Gespräch zu entwickeln. 

Tsarlotte Lucifer

Wann und wie hast du mit drag angefangen? Warum München?

Ich bin mit meiner Familie direkt von den Philippinen nach München gezogen, weil meine Mutter hier ein Jobangebot bekam. Ich war schon immer ein Fan von Drag, aber auf den Philippinen hatte ich weder Ressourcen noch Connections. Als ich nach Deutschland kam, wurde mir klar, dass ich die Ressourcen hatte, um damit anzufangen, also habe ich einen zaghaften Versuch unternommen, mich zu schminken und mit groben Outfits rauszugehen, und dann ging ich in Drag auf Partys. Dort lernte ich tolle Leute kennen, vor allem meine Drag-Familie (Menorah und Medi Ocre), und der Rest ist eine andauernde Geschichte!

Was bedeutet Drag fur dich/was ist deine Dragphilosophie?
Spaß. Das ist das Einzige, was die Leute von meinen Shows und meinem Drag mitnehmen sollen. Ich mache Drag für den Spaß, den es mir gibt und den es anderen Menschen gibt, und ich sehe mich ehrlich gesagt eher als Drag-Rockstar denn als Drag-“Queen”, denn ich will einfach nur pure, unverschämte, euphorische Freude (und manchmal Dreck!).
Meine beiden Drag-Persönlichkeiten folgen jedoch unterschiedliche Ansätze; ich scherze gerne, dass, wenn meine Drag-Persönlichkeiten Diplomarbeitstitel hätten, sie “Filthy Cute” heißen würden: Eine Erkundung der weiblichen Kraft von absoluter Dunkelheit und Chaos durch die asiatische Linse” für Tsarlotte und “Every Day I Love You: The Intersection of Pop and Pain from a Queer Asian Perspective” für Tsarlie. Die akademische Welt ist wirklich eine vielköpfige Hydra!

Wie fühlst du dich, wenn du in München in Drag unterwegs bist? Wie ist deine Erfahrung bist jetzt im Vergleich zu anderen Städten? 

München ist kein einfacher Ort, um eine Karriere zu starten oder aufzubauen, wenn man nicht gut vernetzt ist; ich scherze, dass ich meine Drag-Karriere auf die harte Tour begonnen habe, aber so ist es nun mal! Aber ich muss sagen, dass die jüngere Generation versucht, diese Erfahrung für alle Drag-Künstler, die nach uns kommen, zu verbessern. Ich habe festgestellt, dass die Szenen in anderen Städten offener für meine Art von Drag sind und nicht gleich sagen: “Oh, du machst diese Art von Drag”, aber ich denke, München hat mich definitiv dazu gebracht, härter zu arbeiten und klüger mit meinem Drag umzugehen.

Was wünschst du dir von der Dragszene in München? Was fehlt dir hier?
Mehr Vielfalt, ehrlich gesagt, im wahrsten Sinne des Wortes.

Wo finden die Dragshows hier in München statt?
Früher waren es vor allem die Kneipenviertel (die Partymeile in der Sonnenstraße und das Glockenbachviertel), aber jetzt finden die Partys und Shows in größeren Locations statt, die für ein breiteres Publikum zugänglich sind, wie z.B. ein Partyraum am Heimeranplatz oder Bars in der Nähe der Uni!

Was macht die Dragszene in München aus? Wie würdest du die Dragszene in München beschreiben? 
Mit einem Wort: es ist das Potenzial. Die Szene ist so vielversprechend und selbst im Herzen des konservativen Bayerns suchen die Menschen nach interessanteren Dingen, nach mehr Vielfalt, nach mehr Spaß.

Was wünschst du dir als dein Vermächtnis in München?
Ich möchte, dass mein Vermächtnis etwas ist, zu dem Menschen wie ich aufschauen können. Ich möchte, dass queere Einwandererkinder, behinderte Kinder, nicht-weiße Kinder, Trans-Kinder und die seltsamen Kinder mich sehen und denken können, dass sie auch Rockstars sein können. Ich möchte, dass die Leute mich als Wegbereiter und Rockstar anerkennen. Ich möchte, dass die Menschen in München das sehen.

Von uns ein heißer Tipp: am 28.05 tretten die Queens im Lost Weekend für eine Lipsync-Extravaganza auf.


Beitragsbild: Unsplash/Charisse Kenion


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