Leben, Nach(t)kritik

Doris Kuhn liest – oder Busters Erlebnisse zwischen Baader und Werkstattkino

Der spärliche Scheinwerfer erhellt den kleinen Tisch, auf dem ein Mikrofon steht. Der übrige Raum ist abgedunkelt. Die Zuhörer sitzen auf ihren Stühlen oder lungern an der Bar herum. Es ist wieder mal soweit. Zum sechsten Mal im Art Babel präsentiert Piko Be: “Kein Land für alte Dichter”. Diesmal mit Doris Kuhn, der Autorin von “Beim nächsten Film wird alles anders.”

Sie lässt sich Zeit. Martin Tagar stellt sich neben den Tisch und hält die “Lyrikwache”. Im Kapuzenpulli und mit Gewehr steht er da. “Stillgestanden!” Bereit die Literatur zu schützen. “Klar,” denkt man sich, “war ja auch ein Krimi angekündigt.”

Doch als Doris Kuhn die Bühne betritt und vorab ein kleines Interview gibt, stellt sie gleich klar: aus dem Krimi wird nichts. “Es gibt keinen Betrug, es wir niemandem geschadet, aber einem wird genützt – eigentlich ist es gar kein Krimi.”

Und dann legt sie los. Mal als “Groschenroman” gedacht, drehen sich die Geschichten um Buster und seine Freunde. Angesiedelt zwischen Baader Cafè und Werkstattkino. Also eine Lesung in der Maxvorstadt, die in der Isarvorstadt spielt.

“Buster und die Geschichte mit den 1000 Euro Schulden”, heißt die erste Kurzgeschichte. Buster steckt in Schwierigkeiten. Nachdem er betrunken vom Fahrrad – genau in die Hände eines Polizeibeamten – gefallen ist, muss er 1000 Euro zahlen oder 25 Tage ins Gefängnis. Leider besitzt Buster nicht die notwendigen Kröten und seine Toilette im selben Raum wie sein Bett möchte er auch nicht haben. Also bringt in sein Freund auf eine hervorragende Idee: Buster leiht sich von 200 Leuten 5 Euro.

All seine verflossenen Flammen und sonstige Menschen, mit denen er Kontakt hatte, werden ins Baader Café bestellt und je nach Lust und Laune erzählt er seine Geschichte leidend, ausschweifend….und er hat Erfolg! Während Doris Kuhn liest erscheint eine Fotostrecke von Bernd Brehmer mit Bildern der Stadt. Und vor dem inneren Auge entsteht das Bild von Buster. Ein sympathischer Kerl, der mit Charme die Herzen erobert, aber immer wieder in der Klemme sitzt. Und Einer, der es faustdick hinter den Ohren hat.

“Buster goes to Schwabing” ist der Titel der zweiten Geschichte. Vor Hunger schlägt er sich bei sämtlichen Vernissagen mit Schnittchen und Wein durch und erkundet mal wieder dieses Viertel, welches Abseits seines Lebensmittelpunktes liegt. Auch eine dritte Geschichte hat sie noch auf Lager, allerdings darf das Publikum entscheiden, ob noch gelesen werden soll.

“Ich habe hier schon Leute an der Theke bei Lesungen schlafen gesehen, das möchte ich auf keinen Fall. Da höre ich lieber auf.” Doch die Zuhörer sind sich einig. “Weiterlesen!” Und so tauchen wir wieder in Busters Leben ein. Diesmal besucht er den Zoo und landet dabei bei den Ziegen – sturzbetrunken.
Doris Kuhn schreibt humorvoll und witzig. Der Hauptprotagonist ihrer unveröffentlichten Geschichten stiehlt sich in die Herzen seiner Zuhörer. Man fühlt mit. Schmunzelt. Das nächste Abenteuer wird mit Spannung erwartet- im Dschungel der Großstadt. Die Lesung jedenfalls war ein literarischer Leckerbissen. Appetitanregend.

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