Leben

FC Bayern München: Flachetappe Hannover

Sebastian Gierke
Letzte Artikel von Sebastian Gierke (Alle anzeigen)

Endspurt für die Bayern – nur noch vier Spieltage. Nach der Tour de Force mit einem Höhepunkt nach dem anderen kommt jetzt Hannover nach München. Sturzgefahr!

Nach 30 von 34 Etappen führt der FC Bayern München das Feld an. Und die schwierigsten, die anspruchsvollsten hat das Team bereits hinter sich: Schalke, Leverkusen. Man kommt als erster aus dem Hochgebirge. Die letzten vier Gegner in der Bundesliga sind Hertha BSC Berlin, der VfL Bochum, Borussia Mönchengladbach und am kommenden Spieltag: Hannover 96.
Nur noch ausrollen, ins Ziel.

So werden sich das wohl einige in München zumindest insgeheim vorstellen. Große Aufregung spürt man jedenfalls bei keinem der Beteiligten, angesichts dieses Restprogramms in der Liga. Und genau das sorgt für große Aufregung bei Louis van Gaal. Er gerät gerade zu außer sich, als er einen Tag vor dem Spiel gefragt wird, ob denn die Gefahr bestehe, dass seine Mannschaft Hannover 96, das vergangene Woche immerhin Schalke bezwungen hat, unterschätzt. „Das kann nicht passieren“, ruft er da mit hochrotem Kopf. Man sei gut vorbereitet, habe den Gegner analysiert. Und überhaupt, in der Bundesliga dürfe und werde man niemanden unterschätzen.

Dabei müssen die Münchner in einem anderen Wettbewerb noch einige extrem steile Pässe bewältigen. Kommenden Mittwoch steht in der Champions League das Halbfinale gegen Olympique Lyon an. Und vor solchen Königsetappen schwächelten die Bayern zuletzt immer wieder bei einer vermeintlich leichten Aufgabe. Vor dem Rückspiel im Achtelfinale der Champions League in Florenz kam man nur zu einem mageren 1:1 gegen Köln, gegen Frankfurt vor dem DFB-Pokal-Halbfinale auf Schalke verlor der FC Bayern 1:2, genau wie gegen Stuttgart vor dem Hinspiel gegen Manchester.
Das zeigt, wie anfällig die Mannschaft immer noch ist, wie schnell Leichtfertigkeit und mangelnde Konzentration die Arbeit einer gesamten Saison, in der immer noch das Triple möglich ist, aber man nur zwei Punkte vor Schalke liegt, gefährden können. Van Gaal selbst hatte vor der Heimniederlage gegen Stuttgart noch angemahnt, das Problem sei der Kopf, nicht der Körper. Davon will er jetzt nichts mehr wissen. Die Psyche werde gegen Hannover intakt sein. Doch es klingen auch leise Zweifel durch, wenn er sagt: „Ich hoffe, dass das Verlangen größer ist als die Müdigkeit. Der Körper ist aber nicht so stark wie der Geist.“ Und dann scherzhaft: „Und wir haben auch Weicheier.“

Van Gaal versucht krampfhaft, die Konzentration seiner „Weicheier“ auf das Spiel gegen den Abstiegskandidaten zu lenken. Er weiß, wie schwer das ist, nach einem auch psychisch so kräftezehrenden Programm, wie es seine Mannschaft hinter sich hat. Ein Höhepunkt folgte auf den anderen – und der nächste wartet mit Lyon schon. Und dazwischen also Hannover. Der Bayern-Trainer erklärt deshalb die Champions League zum Tabuthema: „Wir haben morgen ein Heimspiel gegen Hannover 96, nicht gegen Lyon“, mahnt van Gaal.

Um sich jedoch gleich selbst einen Strick durch die Rechnung zu machen. Denn dass Lyon ein Ligaspiel in der französischen Meisterschaft, das eigentlich zwischen den beiden Halbfinal-Partien gegen Bayern München angesetzt war, verlegen durfte, empört van Gaal so sehr, dass er sich nicht zurückhalten kann. Der Kopf: hochrot.

Der Mediendirektor des FC Bayern, Markus Hörwick, hatte gerade klar gestellt, dass der Verein nicht, wie von van Gaal gewünscht, bei der Europäischen Fußball-Union (UEFA) intervenieren wird. „Es wird keinen Protest geben. Es ist eine autarke Entscheidung der jeweiligen Liga, wie sie Spiele ansetzen. Das ist Fakt“, erklärt Hörwick. Da bricht es aus van Gaal heraus: „Ein Wettbewerb muss unter gleichen Umständen ausgetragen werden. Es kann nicht sein, dass ein Spiel nicht gespielt wird“, schimpft er sichtlich aufgebraucht und beklagt fehlendes Fair Play. „Ich denke, dass ein wesentliches Zeichen des Sports gleiche Umstände sind.“

Hannover ist da kein Thema mehr. Hannover ist eine Flachetappe. Doch auch in einer solchen gibt es gefährliche Kurven, in denen man schnell einmal das Gleichgewicht verliert. Noch einen Sturz können sich die Bayern aber wohl nicht leisten.

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons