Kultur, Nach(t)kritik

Großes Kino aus der Hochschule

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Bergblut

Am Ende der Vorstellung gibt es für die Kinogäste Südtiroler-Äpfel als Giveaway. Das Werbe-Obst ist genau das Richtige nach Käsesauce, Nachos und Popcorn. Es zeigt, dass man ein Anliegen verkaufen können muss, wenn man erst Anfang 20 ist, armer HFF-Absolvent, und einen großen Kinofilm machen will. Philipp J. Pamer hat genau das gemacht. Am Sonntag lief sein Film Bergblut das erste mal abseits eines Festivals im Mathäser München. Offizieller Kinostart ist der 27. Januar.  
Der Abspann lief durch, dann trat Philipp J. Pamer samt Entourage aus Produzenten und Schauspielern vor die Leinwand. Er hatte ein Bitte an das Publikum: „Schickt uns ein paar Freunde rein“. Wegen des baldigen Kinostarts seien sie allesamt ziemlich aufgeregt, sagte er noch – und schoss ein Handyfoto der voll besetzten Reihen im Saal 6.

Die Aufregung der Beteiligten ist verständlich. Es passiert nicht alle Tage, dass ein Abschlussfilm von der Filmhochschule in halb Deutschland in die Kinos kommt. Bergblut hat es verdient. Dem Werk, ein 120 minütiges Historien-Drama, ist sein kleines Budget kaum anzumerken. Nur wer sich auf Massenszenen und Schlachtengewirr gefreut hat, wird enttäuscht. Unstrittig ist dagegen die Leistung des jungen Regisseurs. Pamer, von dem auch das Drehbuch stammt, geht glatt als Routinier im Regiestuhl durch.

Dass der Film funktioniert, liegt auch daran, dass Pamer eine Geschichte aus seiner Heimat Tirol erzählt. Die Gipfel, die steilen Weiden, die schroffen Charaktere: das alles kennt der Macher seit der Kindheit. Die Distanz ist rein zeitlich, Bergblut spielt vor 200 Jahren: Europa ächzt unter Napoleon, der 1805 ein Bündnis mit den Bayern schließt und ihnen Tirol überlässt. Das Bergvolk erhebt sich gegen die neuen Machthaber und deren französische Alliierte. Angeführt werden die Aufstände der Bevölkerung von Andreas Hofer an, einem Gastwirt aus dem Passeiertal.

Bergblut erzählt das Tiroler Schicksalsjahr 1809 aus der Perspektive einer Bayerin. Die heißt Katharina Heimstedt und ist Arzttochter aus gutem Augsburger Haus. Ungeachtet der politischen Verwerfungen hat Katharina den Tiroler Tischler Franz Egger geheiratet. Als Franz im Streit einen französischen Soldaten erschlägt, fliehen beide in seine Heimat. Katharina wohnt nun in einem verarmten Bauernhaus in den Bergen, in einem kleinen Land, das sie als Bayerin verachtet. Die Situation spitzt sich weiter zu, als Franz sich entscheidet, für die Freiheit Tirols zu kämpfen.

Dass Pamer eine Bayerin in Tirol zur Protagonistin seines Films gemacht hat, erklärt sich auch aus seiner Vita. Pamer hat den Seitenwechsel in die andere Richtung vollzogen: er kam aus dem Passeiertal nach München, um an der HFF zu studieren. Und als wollte er zeigen, dass die Fehde zwischen Tirol und Bayern wirklich Geschichte ist, hat er sich als Produzenten Florian Reimann ins Boot geholt – einen Bayern.

Kinostart: Donnerstag, 27.1.