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Heimkehrer

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„Nach Wriezen“ von Daniel Abma auf dem DOK.fest. Jano, Marcel und Imo eint die Zeit in der JVA Wriezen in Brandenburg. Der Dokumentarfilm zeigt lebensnah ihre Rückkehr ins Draußen der Berliner Umgebung.

Für die drei Jugendlichen scheint nach der Entlassung erst mal eins wichtig zu sein; die Liebe. Gemeinsam mit der Freundin beginnt die Lebens- und Familienplanung.

Man beobachtet verschiedene Heimatidyllen: Wie zu Gast bei Jano, das Neugeborene im Arm der Mutter zu Berliner Rap einschlummert, während der Vater illegale Substanzen zum Verkauf für den nächsten Tag auf dem Alexanderplatz vorbereitet.

„Auf der einen Seite ist es gut, auf der anderen Seite ist es schlecht“ ist der Kommentar seiner Freundin dazu, die den Kinderwagen vor sich herschieben in die Kamera spricht, während Jano im Hintergrund dealt.

„Wenn man drin war hat man keine Angst mehr“– so Janos Diagnose.

Anders sieht es bei Marcel aus, der als Jugendlicher einen rechtsradikal motivierten Mord verübte. Er wirkt auf den Bildern traumatisiert, will alles ruhig angehen, Schritt für Schritt und schwört nicht rückfällig zu werden. Er scheint den einfachen Fakt begriffen zu haben, dass er Leben genommen hat. Etwas ratlos liest seine Freundin den Zeitungsartikel über die Entlassung des Rechtsextremisten vor. Die Szene bleibt unkommentiert und unkommentier-bar, denn so erscheint einem auch das Gespräch mit einem (ehemaligen?!) Rechtsextremisten, dessen Nazi-tattoos teilweise unter anderen verschwunden sind.

Nach einigen Anläufen, sein neues Heim wohnlich zu gestalten und nachdem Imo in seinem neuen Arbeitgeber eine Art Vaterersatz gefunden hat, zeigt die Kamera ihn in einer eindringlichen Szene beim Bongspülen nachdem das Neugeborene zur Adoption freigegeben ist. Durch sein Kiffen sagt er, konnte er den Verlust ganz gut verarbeiten. Die minderjährige Mutter zuckt die Schultern.

Man hat nicht das Gefühl, dass hier irgendwas wieder gut wird – mit unverstelltem Blick zeigt der Film eine Realität von Menschen, bei denen man eigentlich lieber wegschaut. Menschen, die Fehler gemacht haben und deren Leben sich danach nicht wie durch ein Wunder ändern wird.

3 Jahre hat Regisseur Daniel Abma von der HFF-Potsdam die drei Häftlinge begleitet. Was übrig bleibt ist eine Bestandsaufnahme, die gerade durch ihre Kommentarlosigkeit besticht. Ein Film, der einen „draußen“  lässt und damit gerade die Verschlossenheit seiner Figuren gekonnt auf den Punkt bringt. Eine Verschlossenheit zu der nicht mehr viel hinzuzufügen ist.

„Nach Wriezen“ auf dem DOK.fest

Sa, 11.5.2013  20.30

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