Kinogucken, Leben

Jeux d’enfants jenseits des Kreidestrichs

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Von der Welt der Lebenden angeödet, entschließt sich eine Kinozuschauerin zur Reise auf die „andere Seite“ und interpretiert die Sage von Orpheus und Eurydike neu.

Ce qui me fait prendre le train, ein Beitrag des Fresnoy – Studio National des Arts Contemporains, ist diese Woche auf dem internationalen Festival der Filmhochschulen zu sehen.

Pierre Mazingarbes Kurzfilm spielt mit der oft bemühten Film-Traum-Analogie: Eine junge Frau sitzt im Kino, schließt die Augen, und tauscht die Bilder der Leinwand mit denen ihrer Imagination aus: sie verwandelt sich in Orpheus, überquert die Styx, um mit einem Zug in das Reich von Hades zu gelangen, aus dem sie ihre beiden verstorbenen Geliebten Sophie und Sasha zu den Lebenden zurückholen will.

In nostalgischen, oft surrealistisch anmutenden Schwarzweiß-Bildern wird ein Ausflug in die Zwischenwelt dokumentiert, deren Bewohner aus Angst vor dem endgültigen Jenseits ausharren und fieberhaft nach einem Weg zurück ins Diesseits suchen.
Währenddessen vertreiben sich die Wartenden ihre Zeit durch allerlei morbide Spielereien, indem sie Frisbeescheiben mit messerscharfen Klingen als „Lebenssignal“ über den Fluss werfen und abgetrennte Gliedmaßen mit Pflastern verarzten.

Es ist ebenfalls ein Spiel, das darüber entscheiden soll, wer die Besucherin auf ihrem Rückweg begleiten darf. Am Ende verwandeln sich Sophie und Sasha beide in Holzscheite, werden zu einem Stuhl zusammengezimmert, und so gemeinsam über die Grenze – markiert durch einen Kreidestrich – ins Reich der Lebenden getragen.

Eine wunderbar skurrile, phantasievolle und detailverliebte Hommage an die Anfänge des Films und eines seiner liebsten Sujets – die Geisterwelt.

Ce qui me fait prendre le train (2013) von Pierre Mazingarbe läuft auf dem diesjähren Internationalen Festival der Filmhochschulen München.

Zu sehen mit weiteren Kurzfilmen im Programm 10 (Gesamtlänge 78 Minuten):

Am Donnerstag, 21.11.2013, 17:00 Uhr im Filmmuseum.

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